Schlechte Dokumentation stellt Helpdesk in Frage
Der Kauf eines Helpdesk-Systems erweist sich oft als eine Investitionsruine: teuer angeschafft, unzureichend genutzt, kaum gepflegt. Warum ist das so, und wie lässt sich das ändern?
Warum diese Mängel? Es fehlt an Einsicht und Akzeptanz bei vielen Supportern. Mangelnde Einsicht für die Notwendigkeit konsequenter Falldokumentation äußert sich meist in folgenden Supporter-Statements:
· “Ich habe Wichtigeres zu tun als im Helpdesk-System zu dokumentieren.”
· “Warum dokumentieren? Wichtig ist doch, dass dem User geholfen wird.”
· “Warum soll ich dokumentieren? Was habe ich davon?”
· “Wofür nacherfassen? Das ist doch nur ein großer Datenfriedhof.”
· “Bei 08/15-Supportfällen dauert die Dokumentation ja länger als das Telefongespräch mit dem User. Das kann es ja wohl nicht sein!?”
· “Ich würde ja dokumentieren, aber immer wenn ich damit anfange, klingelt schon wieder das Telefon.”
· “Wenn ich nach zehn Supportgesprächen nacherfassen will, weiß ich meistens nicht mehr, worum es bei den ersten Gesprächen ging!”
· “Incident-Meldungen per E-Mail beantworte ich auch per E-Mail. Soll ich das im Helpdesk-System alles noch mal formulieren?”
· “Ich schalte mich häufig remote auf den PC des Users drauf und löse das Problem dann sofort. Warum sollte ich das im Helpdesk-System nacherfassen?”
· “Ich bin oft beim User vor Ort am Arbeitsplatz. Da kann ich nicht im Helpdesk-System erfassen.”
Diese und andere Einwände belegen: Es wird zu wenig oder gar nicht begründet, warum der Supporter im Helpdesk-System erfassen soll. Die Auswertungen des Systems bleiben nur dem Chef vorbehalten. Sie werden den Mitarbeitern nicht regelmäßig vorgestellt und auch nicht gemeinsam mit diesen interpretiert. Da kann nicht verwundern, wenn die Mitarbeiter keinen Sinn darin sehen, nach dem Motto: “Wenn überhaupt sinnvoll, dann nur für den Chef, nämlich zur Kontrolle der Mitarbeiter.”
“Das bringt doch nichts”
Noch eines muss berücksichtigt werden: Ist es nicht berechtigt, wenn Supporter hinterfragen, ob die Zwei-Minuten-Dokumentation eines Zwei-Minuten-Supportgespräches nicht zu aufwändig ist? Es gibt durchaus einfache Wege, die Erfassung von 08/15-Fällen auf fünf Sekunden zu verkürzen. Und auch das Problem mit der Nacherfassung nach zehn Supportgesprächen ist in den Griff zu bekommen.
Neben der Einsicht in den Sinn der Dokumentation mangelt es oft an der Akzeptanz des Systems, in welchem dokumentiert werden soll. Die Einwände dazu lauten meist so:
· “Das Helpdesk-System ist zu umständlich. Tausend Klicks, bevor ich den Fall abschließen kann.”
· “Ich soll jedes Problem einer Fehlerart zuordnen. So einfach geht das nicht.”
· “Das System als Nachschlagewerk? Kannste vergessen. Wenn Du da ein paar Stichworte eingibst, kommt nur Schrott raus.”
· “Wenn Du da was suchst, findest Du nichts. Also: Das bringt doch nichts.”
Einige dieser Einwände sind nachvollziehbar. So manches Helpdesk-System leidet an Feature-Überfrachtung und Ergonomie-Mängeln. Andere so genannte “Argumente” sind oft an den Haaren herbeigezogen. Klar, wenn die Supporter gar nicht oder nur unzureichend erfassen, kann später bei der Recherche nach ähnlichen Fällen in der Vergangenheit nichts Vernünftiges rauskommen. Es gilt der alte IT-Grundsatz: Was hinten rauskommt ist nur so gut wie das, was vorn reingesteckt wurde.
Praxisferne Herstellerschulungen
Und dann gibt es noch die folgenden “Gegenargumente”:
· “Die Anderen erfassen doch auch nicht. Warum dann ich?”
· “Ich gebe ja mein ganzes Wissen preis, wenn ich das alles erfasse. Da mache ich mich ja überflüssig.”
· “Das dient doch nur zur Kontrolle durch die da oben. Sehe ich nicht ein.”
· “Wir machen hier doch keine Fließbandarbeit mit Akkordentlohnung.”
· “Das muss vom Betriebsrat genehmigt werden. Sonst mache ich nicht mit.”
Die Auflistung der Einwände zeigt plastisch: Mit der Auswahl und Installation des Helpdesk-Systems ist es nicht getan. Im Gegenteil: Die eigentliche Arbeit kommt erst noch. Das System muss eingerichtet werden. Stammdaten müssen geschlüsselt werden. Die Menüauswahlpunkte für diverse Kombo-Boxen müssen überlegt und eingerichtet werden. Spätestens beim Customizing des Helpdesk-Systems müssen alle Supporter einbezogen werden, weil die Ersteinrichtung nur dann wirklich praxisnah und brauchbar wird. Und weil nur dann die notwendige Akzeptanz hergestellt werden kann.