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Deutscher Fachkräftemangel ist selbstgemacht

Eine Studie, die vom Institut der deutschen Wirtschaft erarbeitet wurde, macht derzeit Schlagzeilen. Sie warnt davor, dass der Fachkräftemangel der Wirtschaft allein in diesem Jahr 20 Milliarden Euro kosten könnte. Zwar ist die Studie noch unter Verschluss, doch auf Anfrage teilte das in Köln beheimatete Institut mit, dass alle Zahlen darin auf der Selbsteinschätzungen der Unternehmen beruhen. Solche Angaben sind mit größter Vorsicht zu genießen. Schließlich gehen in die Berechnungen für Produktions- und Auftragsausfälle aufgrund von Personalmangel Hoffnungen auf Aufträge ein, die dann möglicherweise Konkurrenten ergattert haben, so dass es volkswirtschaftlich zu keinerlei Verlusten kommt.

Noch vor einem Monat hatte der Verband der Ingenieure (VDI) die freien Ingenieursstellen mit 24.000 beziffert. Diese Zahl reicht nach Angaben der Arbeitsmarktexpertin Anja Kettner vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) noch nicht aus, um negativ auf den derzeitigen Aufschwung zu wirken.

Auch bei den Branchen unterscheiden sich die Angaben der Studie von denen des VDI. Letzterer sieht Personalprobleme vor allem im Baugewerbe sowie in der Chemie- und Kunststoffindustrie, während es in der Studie vor allem an Mathematikern und Informatikern fehlt.

Tatsächlich meldet der ITK-Branchenverband Bitkom schon seit Monaten rund 20.000 offene Stellen – ohne allerdings zu sagen, wie viele davon auf Ingenieure fallen. Zudem hat der Bitkom in den vergangen Jahren beim Thema Fachkräftemangel eine durchaus unrühmliche Rolle gespielt. Während des Internet-Booms hat der Verband das angebliche Fehlen von 55.000 Computerfachleuten, darunter 30.000 Akademiker beklagt, und damit die Studentenzahlen in die Höhe getrieben. Kurz darauf rechtfertigte der Verband die Entlassungsarien seiner Mitgliedsfirmen. Heute räumt Bitkom-Präsident August Wilhelm Scheer ein, dass die vielen Entlassungen der vergangenen Jahre, eine negative Wirkung auf das Interesse junger Menschen am Informatikstudium und an den technischen Hochschulausbildungen generell gehabt hätten. Dabei waren laut VDI die Schlagzeilen schlimmer als die Realität. Nach VDI-Erhebungen aus dem Krisenjahr 2003 haben vorausdenkende Unternehmen kaum gut ausgebildete Informatiker entlassen.

Bezeichnend ist, dass mit der jetzigen Studie, die Diskussion um die Senkung der Hürde für ausländische Fachkräfte wieder aufflammt. Diese liegt bislang bei einem Jahresgehalt von 85.0000 Euro (ca. 6300 Euro brutto bei 13,5 Monatsgehältern)  und soll laut Forschungsministerin Anette Schavan auf 40.000 Euro (knapp 3000 Euro) gesenkt werden. Unabhängig von diesem Schritt muss man der Wirtschaft allerdings vorwerfen, dass sie bislang versäumte, sich das Fachpersonal selbst auszubilden. Nach aktuellen Meldungen der Bundesagentur für Arbeit hat die Wirtschaft kaum Anteil an der sich leicht verbessernden Ausbildungssituation.

Hinzu kommt, dass Mitarbeiter, insbesondere im IT-Dienstleistungsbereich seit Jahren darüber klagen, dass die interne Fortbildung zu kurz käme, weil die Arbeitgeber nur an das Einstreichen der Tagessätze dächten. Auch sei es unrealistisch ausgebildete Fachleute für wenig Geld einstellen zu wollen, wenn man vorher nicht ausgebildet hat.

So entsteht der Verdacht, dass die jetzt lancierte Studie und die Forderung nach einer Senkung der Zuwanderer-Einkommen verhindern sollen, dass hierzulande die Gehälter für Fachleute steigen. Nach IAB-Chef Ulrich Walwei führt für die Unternehmen kein Weg darum herum, für das knappe Gut Fachpersonal mehr zahlen zu müssen – gleichgültig, ob es hier oder im Ausland angeheuert wird.

Silicon-Redaktion

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