Kürzlich hatte Microsoft mitgeteilt, dass man Windows Vista seit der Einführung des Produkts Anfang des Jahres 60 Millionen Mal verkauft habe. Trotzdem hat sich die Aufregung noch nicht gelegt, sind die Wogen noch nicht geglättet: Die gesamte IT-Branche diskutiert seit Wochen, ob Windows Vista tatsächlich in die Fußstapfen von XP treten kann, so wie Microsoft das behauptet, oder ob es vielmehr ein Rohrkrepierer ist, ganz so wie es Acer-Präsident Gianfranco Lanci der Financial Times Deutschland kürzlich in den Block diktiert hat. Seiner Meinung nach hat es nie zuvor in der Geschichte der PC-Branche eine Windows-Version gegeben, die den Absatz von Computern derart wenig angekurbelt hat. Die Marktforscher von IDC hatten bereits im Herbst vergangenen Jahres prognostiziert, dass durch Vista keine massiven Neuanschaffungen von PCs ausgelöst würden.
Gerade Business-Kunden stehen Vista skeptisch gegenüber. Viele Unternehmen sind erst spät zu XP migriert und scheuen nun den neuerlichen Umstieg. Das verbittert neben dem Acer-Chef auch andere PC-Hersteller wie etwa Dell. Dessen Product Marketing Manager Christoph Kaub nimmt jedoch Microsoft in Schutz und reicht den schwarzen Peter an die Anwender-Firmen weiter: “Eine Migration zu Vista scheitert oftmals an fehlenden Ressourcen. Oder daran, dass sich bisher erst wenige Firmen ernsthaft darüber Gedanken gemacht haben, ob und wann sie durch Vista einen Return-of-Investment erwarten können”, so Kaub. “Denn im Vorfeld einer Migration muss immer investiert werden. Auch bei Vista gibt es sie nicht kostenlos.”
IDC jedoch bezieht klar Stellung. Der IDC-Analyst Rüdiger Spies erklärte gegenüber ZDNet, das Problem des schleppenden Absatzes des neuen Windows liege im Mehrwert von Vista gegenüber XP. “Das ist ein riesiges Problem für Microsoft. Der Branding-Effekt muss den Preis rechtfertigen – und das tut er im Moment nicht. Hier muss Microsoft erhebliche Überzeugungsarbeit leisten, doch ist dies in einem fast konkurrenzlosen Markt ziemlich schwierig.”
Wenn Vista also immer weniger Freunde findet ist abzusehen, dass die Zukunft von Microsoft nicht wie die Vergangenheit aussehen kann. Mit Windows und Office alleine wird Microsoft künftig nicht mehr auf die bekannt gewaltigen Gewinnmargen blicken können. Damit wäre schnell der Nimbus des Über-Softwarekonzerns dahin. Ein Abstieg in Raten wäre denkbar. Da heißt es gegensteuern: Anlässlich des Financial Analysts Day in Redmond referierte CEO Steve Ballmer über seine Strategie, mit der er die historisch hohen Wachstumsraten des Konzerns auch in Zukunft zu erreichen gedenkt.
Den Analysten erklärte er, dass man stark auf verschiedene Märkte setzen werde. Selbstverständlich wolle er mehr Umsätze mit den etablierten Bereichen Desktop- und Server-Software erwirtschaften. Sein Hauptziel seien künftig aber Online-Dienste und Verbraucherelektronik. Die Produktentwicklung und sein Geschäftsmodell gehe nun in Richtung ‘Software plus Services’ (SpS) damit konterkarierte Ballmer den von Salesforce.com geprägten Slogan ‘Software as a Service’ (SaaS). Laut Ballmer wird mit ‘SpS’ Software umschrieben, die durch Online-Dienste ergänzt wird.
Dass Ballmer einen Hieb gegen Salesforce.com führte, verwundert nicht: Microsoft war im Vorfeld der Konferenz von den Finanzanalysten weniger dafür kritisiert worden, dass Windows Vista das Herz der Anwender wenig erfreut, als vielmehr für die schleppende Generierung von Profiten aus Werbeumsätzen. Konkurrenten wie der Suchmaschinengigant Google hätten dies weitaus erfolgreicher vorgemacht. MSN dagegen hat es nie fertig gebracht, richtig Geld zu machen. Salesforce.com und Google aber zeigen, wie man mit dem Internet richtig Profit machen kann. Dienste wie Myspace oder Youtube sind die Shooting-Stars der Stunde. Dagegen sieht der weltgrößte Softwarekonzern richtig alt aus. Nun aber will Ballmer gegensteuern. Auch Microsoft werde sich ein Stück des zunehmend fetter werdenden Werbeetatkuchens im Internet sichern. Ja, man gedenke sogar die Führung in diesem Bereich zu übernehmen: “Wir sind wild entschlossen, das Talent, die Mittel, das Geld und die Innovation einzusetzen, die nötig sind, um einen Platz unter den Großen im Werbegeschäft einzunehmen”, zitierte CNET den CEO.
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