Schnellere Festplatten durch Magnetwirbel

Es gibt rechts- und linksdrehende Joghurtkulturen, rechts- und linksdrehende Schneckengehäuse und rechts- und linksdrehende Schrauben.

Wissenschaftler des Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn haben nun zusammen mit Berliner und Genfer Kollegen nachgewiesen, dass es auch rechts- und linksdrehende Magnetwirbel gibt. Dieses physikalische Phänomen könnte dereinst den Bau schnellerer und sicherer Festplattenspeicher ermöglichen. Am 11. Oktober berichteten die Physiker in der Zeitschrift Nature über ihre Entdeckung.

Einen magnetischen Wirbel kann man sich als eine Art Kreisverkehr vorstellen. Anstelle der Autos sind hier die magnetisierten Atome im Kreis angeordnet. Sie bilden einen Ring von winzig kleinen Stabmagneten. Wenn die Nordpole der Stabmagneten alle in Uhrzeigerrichtung zeigen, ist der Magnetwirbel rechtsdrehend, ansonsten ist er linksdrehend.

“Man vermutet seit einigen Jahren, dass es solche atomaren Verkehrskreisel gibt”, sagte der Bonner Physiker Professor Manfred Fiebig. “In der Nature-Studie haben wir in einer Substanz namens Lithiumkobaltphosphat nun tatsächlich derartige Wirbel gefunden und mit Hilfe eines laseroptischen Verfahrens ihre Richtung bestimmt.” In Anlehnung an den Begriff Ferromagnetismus nennen die Autoren das Phänomen ‘Ferrotoroidizität’.

Schon aus Sicht der Grundlagenforschung ist der Fund interessant. Darüber hinaus kann er aber auch handfeste technologische Konsequenzen haben. Denn in Magnetwirbeln lassen sich Informationen speichern: Läuft der atomare Kreisverkehr rechts herum, steht er beispielsweise für die Binärzahl 0, ist er linksdrehend, steht er für die 1 – ein Prinzip, das in künftigen Festplatten Einzug halten könnte.

“Heute speichert man Daten durch die entsprechende magnetische Polung der Festplatten-Beschichtung”, so Fiebig. “Auf dem Datenträger liegen viele Billionen dieser polbaren Bereiche hintereinander. Um sie zu beschreiben oder Informationen von ihnen zu lesen, benötigt man Magnetfelder.”

Das Problem dabei: Zum einen muss zur Erzeugung dieser Felder ein Strom fließen, wofür elektrische Ladungsträger in Bewegung gesetzt werden. Dies ist jedoch ein relativ langsamer Prozess. Zum anderen besteht bei der immer höheren Datendichte die Gefahr, dass die auslesenden Magnetfelder die gespeicherte Information zerstören.

Die atomaren Kreisverkehre haben diesen Nachteil nicht. Zwar sind in ihnen die Information ebenfalls magnetisch gespeichert. “Die Drehrichtung der Wirbel lässt sich aber durch elektrische Felder verändern”, sagte Fiebig. “Auch zum Auslesen benötigt man keine Magnetfelder, die die gespeicherten Daten irrtümlich überschreiben könnten.” Ein weiterer Vorteil: Zur Erzeugung elektrischer Felder muss kein Strom fließen, die Speicherung kann also wesentlich schneller erfolgen.

“Bislang ist es uns allerdings nur gelungen, die Drehrichtung der Magnetwirbel zu lesen”, so der Physiker. In einem nächsten Schritt wollen Fiebig und seine Mitarbeiter nun auch gezielt Informationen schreiben. Außerdem suchen sie nach weiteren Materialien, die für zukünftige Massenspeicher in Frage kommen.

Silicon-Redaktion

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