Wie in jedem Jahr findet Messechef Klaus Dittrich trotz der Abstinenz vieler großer Namen und sinkender Ausstellerzahlen immer wieder Grund zur Zuversicht. Er hofft, dass der Branchenaufschwung endlich auch die Systems erreicht und wenigsten die Besucherzahlen nicht sinken.
Die Zahlen klingen nicht besonders ermutigend. “Das Ziel, die Ausstellerzahl stabil zu halten”, räumt Dittrich ein, “haben wir verfehlt.” Statt der erhoffen 1260 ITK-Anbieter kommen nur 1198. Allein von den 80 Firmen, die im vergangenen Jahr Lösungen rund um das satellitengestützte Navigationssystem Galileo zeigten, hätten 70 abgesagt. Weil die Finanzierung nicht geklärt ist, verschiebt sich der Start der europäischen GPS-Konkurrenz-Technik von 2008 auf 2012, 2014 oder gar auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Dieser herbe Ausfall erklärt jedoch nicht, warum der Branchenaufschwung an der Systems vorbeigegangen ist.
Vielmehr stellt sich die Frage, ob Deutschland tatsächlich neben der CeBIT eine weitere große IT-Messe braucht. Tatsächlich werden viele Unternehmen längst von Branchenmessen über die aktuellen Möglichkeiten informiert, ihre Geschäfte durch IT zu unterstützen. Die Hausmessen großer Konzerne ergänzen diese vertikalen Lösungen zudem durch übergreifende Techniken. Und einmal im Jahr fasst die CeBIT die globalen Bemühungen der gesamten Branche zusammen. In diesem erdrückenden Umfeld punktet die Systems am ehesten dort, wo sich Anwender unabhängig von den Regeln ihre Branche – ohne den verwirrenden Rummel der weltgrößten IT-Messe (CeBIT) – informieren wollen.
Aber vielleicht sieht die Situation der Systems aus der Ferne gesehen rosiger aus: Treue beweisen der hierzulande gern als Regionalmesse gescholtenen Veranstaltung offensichtlich die internationalen Ausstellern, die, wie im vergangenen Jahr, aus immerhin 28 Ländern nach München kommen. Besonders zufrieden scheinen im vergangen Jahr die Ägypter gewesen zu sein, die in diesem Jahr nicht nur wiedergekommen sind (Halle B2.311), sondern mit ihren Werbeaktivitäten fast das offizielle Gastland Bulgarien in den Schatten stellen.
Dennoch bleibt Dittrichs Zuversicht schwer nachvollziehbar, bei den Besuchern die Vorjahreszahl von 53.000 erreichen zu können – schließlich wurde die Veranstaltung von fünf auf vier Tage verkürzt. Der Messechef argumentiert damit, dass die Fachbesucher montags noch nie gerne gekommen wären, weil sie firmeninternen Terminen und Sitzungen den Vorrang gegeben hätten. Vielleicht spekuliert er aber auch darauf, dass der letztjährige Einbruch von zehn Prozent eine Ausnahme, der Branchenaufschwung doch noch Wirkung zeigt oder seine Job-Initiative sich als Publikumsmagnet erweist. Ein wenig hilft der Messechef hier auch nach, indem er Studenten und Arbeitslose aus der Branche zum Job-Tag am traditionell ebenfalls schlecht besuchten Messefreitag einlädt. Zudem wurde dafür gesorgt, dass Aussteller und Zeitschriften wieder reichlich Eintrittsgutscheine unters Volk bringen.
Security, Open Source, ERP, Mobile Kommunikation und Green IT
Inhaltlich bleibt Dittrich “eisern” bei seinem Business-to-Business-Konzept (B2B), auch wenn er sich bemüht, “völlig unabhängig von der Systems”, die in Leipzig erfolgreiche Games-Show von Leipzig nach München zu holen. Schließlich wolle man das Arbeitszimmer der Branche bleiben. Die in den vergangenen Jahren als Zielgruppe arg strapazierten Mittelständler erwähnte Dittrich nur am Rande, baut aber gleichezeitig das einschlägige Angebot aus. Er hat erkannt, dass sich diese Unternehmen nicht gerne über die Firmengröße definieren lassen, sondern lieber über ihre Branche. Ein entsprechender Wegweiser findet sich neben einem Mittelstands-Blog auf der Website. Auch die Rundgänge orientieren sich an den Branchen.
Wie jedes Jahr wirbt die Messe mit einer zumindest auf den ersten Blick klaren Struktur: Vier Tage, vier Themen, nämlich Security (Halle B3), mobiles Arbeiten (B1), Open Source (Halle B2) und die etwas vage Kombination aus SOA (Halle A1 und A2) und Software as a Service (Halle A1). Beim letztgenannten Doppelthema ahnt man schon, dass sich dahinter eine weit größere Vielfalt verbirgt. Nach einem kurzen Blick auf den Hallenplan ist man versucht wenigstens das Thema Mittelstands-ERP anzufügen, das in Halle A1 – traditionell von A wie Abas bis T wie Trovarit – stark mit mehr als 50 Anbietern vertreten ist. Zu den Highlights wird sicher SAPs Business by Design (Halle A1.219) gehören.
Spitzenreiter bleibt aber auch in diesem Jahr die Security, die ihre Halle B3 vollständig füllt. Logistisch klug war es nach dem Ärger vom vergangenen Jahr, die Anbieter von Kommunikationslösungen (Netzwerke, Mobile Systeme, VoIP, RFID, Satellitentechnik etc.) dieses Mal in Halle B1 unterzubringen – also auf dem kürzest möglichen Weg zum Kongresszentrum ICM, wo an den ersten beiden Messetagen die Communication World stattfindet. Etwas weiter ist der Weg für die Open-Source-Gemeinde, die von Halle B2 zu ihrem Firmenvorträgen ins ICMs pilgern wollen.
Neu ist auf der Systems das Hype-Thema Green IT. Damit präsentieren sich vor allem die wenigen großen Anbieter wie die IBM, Intel und Fujitsu-Siemens sowie NEC, aber auch die Messe selbst mit ihrem Solardach, das jährlich eine Million Kilowattstunden Strom produziert.
Inhaltlich klingt die Systems also vielversprechend. Die anhaltende internationale Beteiligung deutet zudem darauf hin, dass München in Mittel- und Osteuropa bis nach Ägypten durchaus als Sprungbrett in den lukrativen europäischen Markt gesehen wird. Die Kongresse laufen und die Unermüdlichkeit Dittrichs, das Messekonzept immer wieder an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen, ist schlicht bewundernswert. Sie hat in den vergangenen Jahren viel dazu beigetragen, die Systems als IT-Generalisten im B2B-Bereich am Leben zu erhalten. Es ist Dittrich, der Messegesellschaft und der Systems zu wünschen, dass dieses Engagement von der Branche und den Besuchern durch deutlich wachsende Beteiligung belohnt wird.
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