Rettet die Daten, nicht die Insekten!
Datenrettung hat was von Kriminalgeschichten: Es gibt wenigstens ein Opfer und die Lösung des Falles erweist sich in den meisten Fällen als sehr kniffelig. Einer der Experten dafür ist in Deutschland das Unternehmen Kroll Ontrack.
silicon.de: Kann man von Trends in der Datenrettung sprechen? Gibt es Modewellen in Sachen Datenrettung?
Hilt: Wir sehen im Moment tatsächlich zwei Trends. Zum einen den Trend hin zu Selbstversuchen in Sachen Datenrettung. Wir bekommen sehr viele Festplatten, die bereits geöffnet waren, was die Wahrscheinlichkeit der Datenrettung natürlich herabsetzt. Ein weiterer Trend sind Laptops, da die Anwender zunehmend mit mobilen Geräten unterwegs sind.
silicon.de: Hier nebenan befindet sich ein Reinraum-Labor. Warum benötigen Sie eigentlich sowas? Kann man Festplatten nicht einfach so aufmachen?
Hilt: Das kann man schon machen… aber wenn eine geöffnete Festplatte in Betrieb ist, ist die Präzisionsmechanik extrem anfällig gegenüber kleinsten Fremdkörpern wie Verschmutzungen, Dunst oder Rauch. Die Reinraum-Umgebung gewährleistet, dass man die Platten staubfrei öffnen und in Betrieb nehmen kann – ohne dass irgendwelche Kratzer oder Head-Crashs entstehen.
silicon.de: Stichwort Crash: Mit welcher Art von Problemursachen haben Sie es denn in der Regel zu tun?
Hilt: Wir sehen sehr viele Hardware-Probleme. Manchmal kommt es auch durch Anwenderfehler zu einem Platten-Crash – etwa, wenn ein Laptop runterfällt. Wenn Sie im Reinraum eine Festplatte betrachten, dann werden Ihnen erst die Dimensionen bewusst: Im Verhältnis würde der Abstand zwischen Lesekopf und Plattenoberfläche einem Flugzeug im Flug in einer Höhe von 0,8 mm über der Erdoberfläche entsprechen.
silicon.de: Hätten Sie eigentlich auch mein Handy retten können? Das ist mir ins Wasser gefallen und die Bilder eines ganzen Jahres waren weg.
Hilt: Das kommt darauf an. Wenn Sie die Bilder auf dem Speicherchip des Handys gespeichert haben, dann hätten wir mit großer Wahrscheinlichkeit die Bilder retten können. Wenn die Bilder im internen Handyspeicher abgelegt waren, dann kommt es auf das Handymodell an. Dafür haben wir bereits einige Werkzeuge, um solche Fälle zu bearbeiten. Aber da steht je nach Handymodell ein entsprechender Aufwand dahinter.
silicon.de: Damit sind wir schon bei den kuriosen Fällen der Datenrettung in diesem Jahr. Haben Sie etwas auf Lager?
Hilt: Ja, wir hatten einen Fall aus Hamburg, wo wir Insekten in der Festplatte gefunden haben. Das waren Fliegenlarven. Entweder sind die über die Staubfilter da reingekommen oder sie wurden bereits während der Produktion eingeschleust. Aber wir konnten die Daten retten.
Silicon.de: Und die Insekten?
Hilt: Die nicht.