Callcenter-Mitarbeiter gefährlicher als Phishing

Der Finanzdienstleister JP Morgan Chase hat in einer internen Untersuchung eine neue Bedrohung für die Daten seiner Kunden ausgemacht. Während vor zwei Jahren noch Phisher das größte Sicherheitsrisiko dargestellt haben, sind es jetzt Kriminelle, die sich als Callcenter-Mitarbeiter ausgeben oder Mitarbeiter, die während ihrer Anstellung zu Kriminellen werden.

So musste das Finanzunternehmen in letzter Zeit beobachten, dass Mitarbeiter Kundendaten mit Hilfe von Mobiltelefonen, Kameras und USB-Sticks gestohlen haben. “Wir haben Vorfälle dokumentiert bei denen Bildschirme mit Mobiltelefonen abfotografiert wurden oder Mitarbeiter Kundendaten mit einer unglaublichen Geschwindigkeit unter ihrem Schreibtisch abgeschrieben haben”, erläuterte Iain Johnston, Betrugsspezialist bei JP Morgan Chase für den Asiatisch-Pazifischen Raum, das neue Problem.

Um der Bedrohung zu begegnen habe das Unternehmen die Einstellungskriterien für Callcenter in Indien, auf den Philippinen, in Indonesien und Äthiopien verschärft. Bei einem monatlichen Personalbedarf von 200 bis 600 Mitarbeitern sei dies jedoch keine einfache Aufgabe.

Auch sei die Unterstützung durch die Behörden in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Während Indien eine zentrale Datenbank für Mitarbeiter in Callcentern eingeführt habe, müsse man in Indonesien Polizeibeamte bestechen, damit diese einen kriminellen Mitarbeiter überhaupt festnehmen würden.

Identitätsdiebstahl ist die am schnellsten wachsende Form des Online-Betrugs und der Handel mit gestohlenen Kundendaten wird im Internet zu einem florierenden Geschäft. “Wir können aus dem Verhalten einzelner Personen sehen, wenn aus den Reihen der eigenen Mitarbeiter ein Betrüger kommt”, sagte Clive Summerfield von der University of Canberra.

Seiner Ansicht nach erleichtert das Outsourcing das Vorgehen der Kriminellen. “Der Identitätsdiebstahl findet auf einem anderen Kontinent statt – da muss zuerst eine Menge passieren, bevor man reagieren kann”, ergänzte Summerfield.

Summerfield, der am Nationalen Institut für Biometrische Studien arbeitet, entwickelt derzeit eine mögliche Lösung für das Problem. Über eine eindeutige, biometrische Spracherkennung des Anrufers könnten zukünftig die Mitarbeiter in den Callcentern alle Kundenanfragen anonymisiert bearbeiten. Außerdem würde die Authentifizierung im Heimatland des Kunden stattfinden, wodurch die sensitiven Daten nicht ins Ausland übermittelt werden müssten.

Silicon-Redaktion

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