Second Life: Virtuelle Raubkopierer am Pranger
Virtuelle Unternehmer in der Online-Welt Second Life (SL) versuchen ihre ebenfalls virtuellen Produkte mit nicht-virtuellen Gerichten zu verteidigen.
Sechs Second-Life-Unternehmen haben eine Klage gegen insgesamt elf verdächtige SL-Nutzer vor einem New Yorker Gericht eingereicht. Klageführer ist der Sexspielzeug-Hersteller Eros LLC, der im Sommer dieses Jahres bereits einmal vor Gericht gezogen war, weil ein SL-Nutzer ein virtuelles Sex-Gerät namens ‘SexGen’ unerlaubt kopiert hatte.
Angeklagt sind nun ein US-Bürger mit dem Avatar-Namen ‘Rase Kenzo’ sowie weitere zehn Nutzer, deren reale Identität allerdings unbekannt ist. Die Beschuldigten sollen Produkte der klagenden Firmen ohne Genehmigung kopiert und in der virtuellen Welt verkauft haben. Laut Kläger hätten sie sich dadurch der Urheberrechtsverletzung, des unlauteren Wettbewerbs sowie der Markenfälschung schuldig gemacht. Da die Geschäfte innerhalb von Second Life zumeist sehr gut laufen und die virtuellen Linden Dollar in reale Dollar umtauschbar sind, verstehen die Unternehmen wenig Spaß in Bezug auf ihre Copyrights und betrachten Second Life als Einnahmequelle und nicht als Spiel.
Allerdings ist die Rechtslage für virtuelle Räume bislang ungeregelt und es gibt auch keine international geltenden Richtlinien. “Second Life kennt eigentlich keine eigene Rechtsordnung. Je nach Verstoß ist meist nicht einmal klar, welches Gesetz genau zum Tragen kommt”, sagte Gregor Schütze, Mitarbeiter des Europäischen Zentrums für E-Commerce und Internetrecht und Second-Life-Experte. Generell seien auch in Bezug auf das Internet bei Markenrechtsverletzungen die herkömmlichen Gesetze gültig. In virtuellen Welten gestalte sich jedoch das Ausforschen und die Verfolgung von Kriminellen wesentlich komplizierter als in der realen Welt, so Schütze weiter.
Der Second-Life-Betreiber Linden Lab überlässt die Urheberrechte an virtuellen Inhalten den Nutzern selbst. Der Handel damit ist legal und die erwirtschafteten Gewinne in reales Geld umwandelbar. Die richterliche Entscheidung in dem aktuellen Rechtsstreit könnte sich zu einem Präzendzfall entwickeln und für künftige Copyright-Regelungen in Online-Welten richtungsweisend sein.