Der Radio-Winzling empfängt dabei Signale auf völlig neue Weise: Er wandelt elektromagnetische Wellen direkt in Vibrationen um und ist damit gleichzeitig Antenne, Tuner, Demodulator und Verstärker in einem. Für die Wiedergabe von Rundfunksendungen im heute üblichen Frequenzbereich werden nur noch Batterie und Lautsprecher benötigt.
Laut Peter Jacob, Fachspezialist im Bereich Mikro- und Leistungselektronik der Schweizer Forschungsinstitution für Materialwissenschaften und Technologie Empa, stellt sich in Anbetracht der Entwicklungen im Nanotechnologiebereich nur eine Frage: Wie weit kann man gehen? “Wir erleben alle zwei Jahre eine Verdoppelung der Integrationsdichte”, erläutert Jacob. Man müsse aber aufpassen, ob eine Entwicklung auch tatsächlich mit dem Begriff Nanotechnologie in Verbindung gebracht werden könne. “Oft wird dieser Begriff als Modewort missbraucht, da man sich so erhofft, eher einen Forschungsantrag bewilligt zu bekommen”, so der Experte. Unklar sei des Weiteren die genaue Grenzziehung zwischen Mikro- und Nanotechnik. Hier befinde man sich in einer Grauzone der Definitionen, die vielfach für Unklarheiten sorgt.
Das von einem Forscherteam des Center of Integrated Nanomechanical Systems (COINS) der Universität Berkeley entwickelte Nano-Radio ist 100 Milliarden Mal kleiner als die durchschnittlichen ersten Radiogeräte bei ihrer Markteinführung im frühen 20. Jahrhundert. Dennoch ist es eine voll funktionsfähige Rundfunksempfangseinrichtung. “Dieses einzelne Nanoröhrchen verrichtet alle Radiofunktionen gleichzeitig und extrem effizient”, erklärt Alex Zettl, Physikprofessor und Leiter des Teams. Dreht man den Aufbau des Radioempfängers um, lässt er sich auch als Signal sendender Transmitter nutzen. “Diese Röhrchen aus gerollten Kohlenstoff-Flächen sind extrem stabil und zeigen ungewöhnliche elektronische Eigenschaften”, berichtet Zettl. Es sei lächerlich einfach, aber gerade das mache die Schönheit des Nanoröhrchen-Modells aus.
Die Nano-Radio-Technik eignet sich aber nicht nur zur Rundfunkübertragung, sondern auch für winzige Funkempfänger und -sender, die sich in mikroelektrische Schaltkreise integrieren lassen. Die angewandte Methode lässt sich nach Angaben der kalifornischen Forscher einfach herstellen und würde in weiterer Folge auch die Entwicklung von radikal neuen Anwendungen ermöglichen. Als Beispiel nennt man etwa funkgesteuerte Mikrogeräte im Blutkreislauf oder Sensoren, die ihre Messwerte selbständig per Funk übermitteln. “Vielleicht werden die Kids ja bald Nano-Radios anstelle von iPods in ihren Ohren tragen”, verkündet Zettl scherzhaft.
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