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Merger-Schock: IBMs Cognos-Zukauf in den Augen der Analysten

IBM hat zugeschlagen und sich mit dem Zukauf neben SAP gesetzt. Das Würzburger Beratungshaus ‘Business Application Research Center (BARC)’, ein Spin-Off der Universtät Würzburg, erklärte dazu, dass sich Big Blue vor allem durch Übernahmen im allgemeinen Datenmanagement sehr stark aufgestellt habe.

Für eine vollständige Business-Intelligence-Suite fehlten bislang die Anwenderwerkzeuge, die auf DB2 oder anderen vorhandenen Datenbanken, Integrations-, Datenqualitäts- und Komponenten für Stammdatenmanagement aufsetzen können, so die Einschätzung aus Würzburg. Hier war bisher nur die von Alphablox 2004 erworbene Entwicklungsumgebung für Reporting- und Analyseanwendungen im Portfolio, die aber nie wesentlich weiterentwickelt wurde und daher keine Konkurrenz zu Lösungen von Business Objects oder Cognos war. Zu beiden bestanden denn auch folgerichtig enge Partnerschaften.

Auch organisatorisch scheint IBM dem Vorbild von Oracle und SAP zu folgen und die übernommene Einheit zunächst möglichst autark zu belassen. So wurde angekündigt, dass Cognos als eigenständige Gruppe bei der IBM Information Management Software Division eingegliedert wird. Cognos CEO Rob Ashe soll die Gruppe leiten und direkt an Ambuj Goyal, den General Manager der Division berichten.

Die größten Wettbewerber der IBM haben sich im Bereiche Business Intelligence inzwischen breit positioniert. Microsoft stellt dieser Tage den PerformancePoint Server vor und wird Anfang 2008 mit dem SQL Server 2008 auch noch einmal das Datenmanagement für BI-Lösungen verstärken. Oracle hat mit der Übernahme von Hyperion im März 2007 sein Anwendungsportfolio deutlich erweitert. Mit der Übernahme kehrt IBM von seiner Strategie ab, vor allem Datenmanagement-Werkzeuge zu liefern und sich aus dem Applikationsmarkt fernzuhalten. Damit wird IBM im Bereich Business Intelligence jetzt auch der größte Konkurrent der SAP, denn Cognos und Business Objects sind seit Jahren Erzrivalen im Markt für BI-Anwenderwerkzeuge.

Carsten Bange, Geschäftsführer des BARC-Instituts, ist dennoch nicht der Ansicht, dass es bald nur noch vier Anbieter für Business Intelligence geben oder diese Funktionalität gar komplett in Middleware, Datenbanken oder ERP-Systemen aufgehen wird. “Kein Anbieter erreicht momentan 20 Prozent Marktanteil im Business-Intelligence-Markt”, gab er als Begründung an. Es gebe noch genug Raum für Innovationen, die erfahrungsgemäß eher von den kleineren Anbietern kommen. “Integration von Daten aus verschiedensten Applikationen und Datenquellen bleibt eine wesentliche Aufgabe für BI-Systeme. Und genau hierfür ist die Unabhängigkeit von bestimmten Vorsystemen von großem Vorteil”, so Bange.

Das sieht Mans Hultman, Chairman und Ex-CEO des schwedischen BI-Spezialisten Qliktech ganz ähnlich. Er erklärte gegenüber silicon.de: “Ich bin davon überzeugt, dass der Software-Markt sich nicht zu einem Oligopol entwickeln wird. Natürlich wird es immer Marktbereinigungstendenzen geben, bei denen durch Übernahmen oder auch Insolvenzen Anbieter verschwinden.”

Jedoch seien die Anforderungen innerhalb der Unternehmen viel zu differenziert, als dass sie alle mit den weitgehend standardisierten Software-Lösungen der Großkonzerne abgedeckt werden könnten. “Das gilt insbesondere für den Mittelstand: Hier sind schnelle und flexible Lösungen gefragt. Allein aufgrund der Firmenstrukturen mangelt es den Großen hier jedoch an der notwendigen Flexibilität in der Entwicklung und Kundenbetreuung. Daher wird es auch in Zukunft sehr erfolgreiche Branchen- und Spezialanbieter geben, die unabhängig von Großkonzernen ihre Software an den Markt bringen. Daran ändert auch die zunehmende Globalisierung nichts. Ganz im Gegenteil: Um am internationalen Markt bestehen zu können, werden Unternehmen mehr und mehr versuchen, ihr Produkt- und Leistungsportfolio zu differenzieren. Und genau dafür benötigen sie dann wieder spezialisierte, maßgeschneiderte Software-Lösungen”, sagte Hultman.

Das gelte besonders für Europa: “Wir haben hier ein sehr strenges Wettbewerbsrecht, welches das Ziel verfolgt, den Software-Markt aufzubrechen. Zum einen soll verhindert werden, dass Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung ausnutzen können. Zum anderen soll der Wettbewerb durch Raum für Innovationen weiterer Anbieter belebt sowie im Sinne der Verbraucher ein niedrigeres Preisniveau realisiert werden. Ein Beispiel ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen Microsoft im September dieses Jahres.”

Business Intelligence ist das wachstumsstärkste Segment im Bereich Unternehmenssoftware. Dementsprechend hoch ist natürlich das Interesse seitens der großen Software-Konzerne, an diesem Wachstum teilzuhaben. Einige der Anbieter haben nicht rechtzeitig reagiert, so dass für Eigenentwicklungen schlichtweg keine Zeit bleibt. Daher gehen sie auf Einkaufstour, um die Lücken in ihren Angeboten zu schließen. “Für Spezialisten wird es in einem solchen Umfeld wesentlich einfacher, ihre Differenzierungsmerkmale deutlich zu machen. Sie können nicht nur gezielter, sondern vor allem schneller auf die Anforderungen des Marktes reagieren, da sie ihre Kunden und deren Anforderungen an Technologie und Service besser im Auge behalten können. Sie sind also wesentlich kundenorientierter und auch wendiger als Großkonzerne. Natürlich werden hier die Faktoren Kompatibilität und Interoperabilität solcher Lösungen erfolgsentscheidend sein”, versicherte er.

Und was sagt der einzig verbliebene große, unabhängige Anbieter, der BI-Konzern SAS dazu? Jost Dörken, General Manager SAS Deutschland, zeigte sich silicon.de gegenüber selbstbewusst. “Der Business-Intelligence-Markt ist in heftiger Bewegung: Oracle hat jüngst Hyperion übernommen, SAP Business Objects. Mit Cognos versucht nun auch IBM, stärker im BI-Markt Fuß zu fassen. Wir haben diesen Schritt erwartet: Lösungen für die Unternehmenssteuerung sind gefragt wie nie, der Markt boomt. Die eigenen Datenbestände auch strategisch zu nutzen wird für Unternehmen immer wichtiger”, sagte er.

Auch er sieht, ähnlich wie Bange, deutliche Parallelen im Verhalten von IBM, SAP und Oracle in diesem Licht. “Wieder hat ein Generalist einen Spezialisten seinem Portfolio einverleibt. Unternehmen wollen sich jedoch nicht von diesen Software-Riesen abhängig machen – vor allem aufgrund deren proprietärer Technologien. IBM wird die Cognos-Lösungen in seiner Produktwelt aufgehen lassen. Damit verlieren deren Kunden an Flexibilität.” Kunden sollten seiner Beobachtung nach bei unabhängigen Anbietern wie SAS einkaufen, wenn sie flexibel bleiben wollen.

“IBM nimmt für sich in Anspruch, mit der Übernahme seinen Kunden eine ganzheitliche Lösung für die strategische Steuerung bieten zu können: Allerdings: Was auf den ersten Blick wie eine durchgängige, homogene Plattform aussieht, ist nichts anderes als das Produkt von insgesamt 23 Übernahmen”, geißelte er die Übernahmestrategie von Big Blue. “Dies bedeutet: 23 zu integrierende Softwarewelten, 23 mal Schnittstellenproblematik” Dörken befürchtet, dass die Integration der zugekauften Lösungen auf dem Rücken der Kunden vollzogen werde.

Darauf will er aufbauen und nutzte die Gelegenheit, das eigene Unternehmen als echte Alternative zu präsentieren: “SAS wird als auf BI fokussierter, unabhängiger Anbieter von der Defokussierung im Markt profitieren. Anders als die Anbieter eines Software-Bauchlandens macht SAS seit mehr als 30 Jahren nichts anderes als BI. Wir haben BI im Blut. Als börsennotierte Unternehmen konnten sich Cognos, Business Objects und Hyperion kaum dagegen wehren, übernommen und damit Spielball der IT-Großkonzerne zu werden. SAS dagegen kann als privat gehaltenes Unternehmen seine unternehmerische Unabhängigkeit beibehalten und seinen Kunden damit die Kontinuität und den Fokus auf das Kernthema BI garantieren.” Er räumte ein, dass sich mit den jüngsten Übernahmen das Feld der Wettbewerber massiv verändert habe. Darauf muss sich auch SAS einstellen. Dörken sagte: “Statt mit Spezialisten konkurrieren wir nun mit Generalisten ohne Fokus auf Unternehmenssteuerung. Gut für uns. SAS wird den unabhängigen Weg konsequent weiter beschreiten.”

Silicon-Redaktion

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