Nitot: Microsoft und Adobe investieren viel Geld, Zeit und Energie, um Tools wie Silverlight, AIR oder Flex zu propagieren – eben mit dem Ziel, Kontrolle genau über diesen fragmentierten Teil des Netzes zu bekommen. Microsoft ist gut darin, Entwickler anzusprechen und Tools zu bauen. Beispiele sind Dotnet und Visual Studio, vor dieser Ära war es Visual Basic. Das Unternehmen hat eine lange Tradition, Entwickler mit Tools zu versorgen und sie damit an eine Plattform zu binden. Die Monopolstellung Microsofts mit Windows und Office und die daraus resultierenden hohen Preise belegen das. Solange man damit alleine ist, mag das OK sein. Die Dynamik in einem Netz aber ist eine ganz andere. Daher wollen wir bei Mozilla Offenheit.
silicon.de: Und das reicht für Mozillas Überleben aus?
Nitot: Tatsache ist, dass inzwischen mehr als eine Milliarde Nutzer im Internet unterwegs sind. Sie können sich vorstellen, wenn sie als Unternehmen etwa 10 Prozent der Erfahrung mit dem Web kontrollieren, dann bedeutet das eine große Menge Geld. Die Frage, die sich hier stellt, ist: Sollen die Menschen eine Abhängigkeit in der Zukunft gegen eine sofort verfügbare Bequemlichkeit eintauschen?
silicon.de: Können Sie uns einen Beleg für einen Tausch dieser Art nennen?
Nitot: Ein Beispiel ist Südkorea. Die Regierung legte fest, dass jede Transaktion zwischen Bürger und Administration und auch zwischen Verbraucher und kommerziellen Webseiten verschlüsselt erfolgen muss. SSL 128-Bit (Secure Socket Layer) war zu diesem Zeitpunkt noch unter Embargo und man entschied sich für eine Verschlüsselung über ActiveX, die nicht mit dem SSL-Standard kompatibel war. Wer also heute effektiv mit dem Web in Südkorea arbeiten will, muss ActiveX einsetzen. Ohne Internet Explorer (IE) 6 lassen sich daher heute diese Seiten nicht mehr richtig aufrufen. Und weil die ActiveX-Implementierung in IE 7 völlig anders ist, werden die Seiten nicht mehr richtig dargestellt. Microsoft musste also der gesamten koreanischen Bevölkerung erklären, nicht auf Vista zu migrieren, wenn sie einen Browser verwenden wollen.
Das Thema ist aber für Unternehmen dasselbe. Dadurch, dass Microsoft einige Anwendungen mit dem Browser einschränkt, wächst auch das Internet mit dem Client zusammen. Mit offenen Strukturen ist man aber vom Betriebssystem unabhängig. So kann man beispielsweise ohne Probleme Google Maps mit einem Linux-Rechner verwenden. Viele Unternehmen haben ebenfalls ActiveX-Technologien eingesetzt, stoßen nun aber an ein eine Grenze. Sie sind nicht mehr flexibel. Ich hoffe, dass gerade Unternehmen aus Beispielen wie dem aus Korea eine Lehre ziehen.
silicon.de: Konnte Mozilla hier bereits ein Stück Freiheit erkämpfen?
Nitot: Microsoft hat die Verbesserungen im IE 7 deswegen gemacht, weil der Firefox Microsoft unter Druck gesetzt hat. Daher wollen wir zusammen mit Safari und Opera die Marktanteile gegenüber dem IE ausbauen. In der Vergangenheit, als es praktisch nur einen gab, waren die Seiten dafür ausgelegt, nur mit einem einzigen Browser zu arbeiten. Mit Firefox mussten die Entwickler umdenken, dass sie nicht nur für den IE kodieren, sondern Standards einhalten.
silicon.de: Gibt es bei Mozilla eine definierte Strategie, mit der Microsofts Absichten vor allem auf Ebene der Unternehmen durchkreuzt werden sollen?
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