Tristan Nitot ist President von Mozilla Europe und arbeitete schon zu Netscape-Zeiten an dem Produkt. Nach der Aufgabe von Netscape durch AOL hat er 21 Monate lang ohne Bezahlung an dem Projekt weitergearbeitet. Sorgen um seinen Arbeitgeber braucht sich der Programmierer heute keine mehr zu machen. So hat der Open-Source-Browser der Mozilla Foundation im Geschäftsjahr 2005 über 52 Millionen Dollar eingespielt.
silicon.de: Firefox hat in den letzten Jahren eine beachtliche Verbreitung erreicht. Was könnte den Erfolg des Browsers noch stoppen?
Nitot: In der jüngsten Vergangenheit gab es Techonologieankündigen von Microsoft und Adobe. Bei Microsoft ist es Silverlight und bei Adobe heißt das Produkt AIR (Adobe Integrated Runtime). Das Ziel dieser Technologien ist im Grunde, das Web mehr oder weniger zu ersetzen. Adobe und Microsoft geben das nicht offen zu, ganz klar. Denn die Menschen würden so eine Strategie nie akzeptieren. Aber wir glauben, dass diese Technologiekonzerne ein ganz bestimmtes Ziel verfolgen.
silicon.de: Können sie erklären, wie diese Strategie aussieht?
Nitot: Sie bieten Tools an, vor allem, um Entwickler auf ihre Seite zu bringen. Sie präsentieren großartige Demos und versuchen so bei den Entwicklern zu erreichen, dass sie Inhalte aufwerten und diese dann entweder über Adobe-Technologie oder mit Silverlight veröffentlichen.
silicon.de: Was kann die Mozilla Foundation dem entgegensetzen?
Nitot: Wir haben einen völlig anderen Ansatz. Wir sind Web-zentriert, wir vertreten das offene Web, offene Standards und auch Open-Source-Software. Man kann diese offene Strategie im Web jedoch auch mit Closed-Source-Software verfolgen. Opera und Safari sind proprietäre Browser, die für das offene Web gemacht sind.
silicon.de: Glauben Sie wirklich, dass Microsoft oder Adobe tatsächlich in der Lage sind, über proprietäre Produkte und Web-Technologien offene Dienste wie Wikipedia zu verdrängen?
Nitot: Die Schönheit des Webs entstammt vor allem der Tatsache, dass es niemand völlig kontrolliert. Der Nutzer ist gefragt. So kann er zum Beispiel einen anderen Browser verwenden um ein anderes Feature zu bekommen. Mit Firefox kann er sich sogar Erweiterungen, die ihm sinnvoll erscheinen, selbst schreiben. Ein Beispiel ist RSS (Really Simple Syndication). Ich habe es zum ersten Mal 1998 eingesetzt. Man kann sich die Inhalte selbst zusammenbauen. Neun Jahre später hat sich dieses Feature natürlich verbessert, aber im Grunde ist es noch immer das gleiche.
silicon.de: Silverlight und Adobes AIR gefährden diese Technologien oder die Evolution solcher Features?
Nitot: Bei RSS handelt es sich in erster Linie um XML-Dokumente, die auf HPPT aufsetzen. Das ist auch die Grundlage für das Web. Vor etwa zehn Jahren gab es für Netscape das Bedürfnis für eine derartige Technologie im Netscape-Portal, und so wurde RSS, basierend auf XML, als eine neue Spezifikation entwickelt, und die Leute haben es verwendet. Damit kam sozusagen eine neue Schicht in den Web-Stack. Packt man das jetzt in den Kontext Microsoft/Silverlight-Adobe/AIR, müsste man für eine solche Entwicklung zuerst bei Microsoft oder einem anderen Hersteller anfragen, etwas dafür zu tun. Man könnte dann also nicht einfach sein Schicksal in die Hand nehmen und einfach das entwickeln, was man auch braucht.
silicon.de: Es herrscht unter einigen Analysten die Meinung vor, dass Microsoft mehr oder weniger alle interessanten Technologien, die sich im Web in den vergangenen Jahren entwickelt haben, verschlafen hat.
Nitot: Absolut. Nun versucht das Unternehmen eben wieder ein Stück Kontrolle zurück zu bekommen. Wir wehren uns natürlich dagegen. Aber das Problem ist, dass das Web ein Stack verschiedener Tools ist. HTTP, CSS, das URL-Konzept oder JavaScript, um nur einige zu nennen. Aber das ist alles nicht perfekt. So wie Ajax, das ist auch ein bisschen chaotisch, wenn man so will. Das kommt auch daher, weil wir eben versuchen, Dinge zusammenzubringen, die ursprünglich nicht dazu gedacht waren, zusammenzuarbeiten. Vorteil ist jedoch, dass man eine große Masse an Dokumenten hat, die mit diesen Technologien gebaut sind. Und es sind auch sehr viele Menschen, die wissen, wie man diese Technologien nutzt und sie zusammenbauen kann.
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