Das lohnende Geschäft mit freier Software

Das mag auch daran liegen, dass es laut Red Hat nicht möglich sei, dessen Support einfach eins zu eins zu kopieren. Die Binaries, also der Ursprungs-Code der Programme, mag vielleicht noch identisch sein. Jedoch sei Oracle gezwungen, diese Binaries anders zu kompilieren als Red Hat. “Somit sind auch alle Zertifizierungen für den Red-Hat-Code hinfällig”, so Alex Pinchev, der Vertriebschef von Red Hat.

Oracle muss also selbst aufwendige und teure Produkt-Tests und Zertifizierungen mit den Produkten von Software- und Hardware-Herstellern durchführen und zum Beispiel Sicherheits-Patches selbst schreiben, will es ein Produkt anbieten, das sich qualitativ mit dem von Red Hat messen kann. “Für die Zertifizierungen sind aber die Hardware-Partner selbst zuständig”, erläutert Pinchev. Nur: “Will IBM wirklich Millionen Dollar ausgeben, um ein Oracle-Betriebssystem zu zertifizieren?”

Integration und Partnergeschäft

Bei den Themen Support, Integration, Beratung, Skalierung oder auch Entwicklung steigen nicht nur die ganz Großen, sondern immer mehr kleinere Lösungspartner ein. Inzwischen hat sich ein Ökosystem aus Software-Herstellern, Partnern und spezialisierten Integratoren entwickelt, die durchaus mit größeren Anbietern konkurrieren können. Das Zeigt das Beispiel der beiden regionalen Unternehmen Gonicus und Softcon, die den Zuschlag des Linux-Projektes der Stadt München vor IBM Global Service, Novell oder Red Hat erhalten haben.

“Der Markt hat sich ausdifferenziert und die ISVs (Independent Software Vendors) haben ihre Lösungen auf Linux-Plattformen portiert”, weiß Experton-Berater Velten. Für einen Partner oder einen Integrator mache es – zumindest bei der Abrechnung – kaum einen Unterschied, ob er eine Dienstleistung oder eine Software für ein frei verfügbares oder ein kostenpflichtiges Produkt anbietet.

Von der Not einer unerlässlichen aber komplexen Integration profitiert das Start-up Collax auf ganz andere Weise. Das Ismaninger Unternehmen vermarktet sozusagen eine proprietäre Klammer um verschiedene Open-Source-Projekte, etwa einen Mail-, einen File- und einen Storage-Server, und integriert diese auf einer kostenpflichtigen Plattform. Die komplexe Abstimmung einzelner Projekte zu einem für den betrieblichen Alltag funktionierenden Ganzen entfällt somit für Anwender, die nur selten entsprechendes Know-how im Unternehmen haben. “Collax hat ein Potential erkannt”, stellt Velten fest. Früher hatte man entweder das Glück, Open-Source-Know-how im Haus zu haben, oder nicht.” Gerade für den Mittelstand biete der Hersteller eine kostengünstige Alternative.

“Bei solchen Mischangeboten vergibt sich der Anwender gleich zwei Vorteile von Open-Source-Software”, gibt Alfons Stärk, Leiter Plattform-Strategie bei Microsoft Deutschland, zu bedenken. Man nehme Nachteile bei den Produkten in Kauf und binde sich dennoch an einen Hersteller. “Die Existenz solcher Angebote zeigt jedoch, dass es Bedarf gibt”, muss der Microsoft-Angestellte eingestehen.

Die doppelte Lizenz

Eine weiteres Beispiel für eine Mischform zwischen proprietär und quelloffen liefert der Datenbank-Hersteller MySQL. Das Unternehmen setzt auf eine duale Lizenzstruktur. Das bedeutet, dass es dasselbe Produkt sowohl kostenlos unter einer Open-Source-Lizenz als auch unter einer kommerziellen Lizenz anbietet. Das ist möglich, wenn wie im Fall MySQL der Anbieter selbst den Code besitzt, der unter einer Open-Source-Lizenz gestellt wurde. Sun Microsystems verfolgt mit der Community Development and Distribution License (CDDL) für Open Solaris ebenfalls eine zweigleisige Lizenzierung.

Das duale Lizenzmodell kann für Anwender eine größere Entscheidungsfreiheit bieten. Zertifizierung und kommerzieller Support sind nicht immer die einzigen Beweggründe, um sich für eine kommerzielle Variante zu entscheiden. Oft sind Unternehmen einfach nicht bereit, die eigenen Verbesserungen an einer Open-Source-Software auch wieder an die Community zurückzugeben.

Kritiker dieses Modells sehen dadurch jedoch die Vorteile von Open-Source-Software gefährdet, so etwa die Unabhängigkeit von einem Hersteller, Kosteneinsparungen oder auch die Freiheit, den Code verändern zu können. Zudem liegt das Verhältnis zwischen den Nutzern, die für eine Version bezahlen und denen, die die freie Variante einsetzen, im Fall MySQL bei etwa 1:1000, wie Mickos erklärt.

“Wir sind mit dieser Zahl sehr zufrieden”, so der MySQL-CEO. Zumal nicht nur der Anteil der zahlenden User wächst, sondern auch immer mehr Unternehmen die MySQL-Datenbanken einsetzen. “Manche unserer Kunden setzen unser Produkt in unternehmenskritischen Projekten ein, so dass sie unsere besondere Hilfe brauchen”, so Mickos.

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Silicon-Redaktion

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