Das lohnende Geschäft mit freier Software
Die wachsende Beliebtheit quelloffener Software bleibt nicht ohne Folgen für den Markt. Dass damit nicht das große Geld verdient wird, wirkt sich zum Vorteil der Anwender aus – und zum Nachteil der etablierten Softwarehersteller.
Daher würden diese Anwender sich für eine kommerzielle Variante der eigentlich frei verfügbaren Datenbank entscheiden. Spätestens dann profitieren aber auch die freiwilligen Entwickler von ihrer Arbeit. Mickos: “Bevor wir eine neue Technologie an ein Unternehmen weiterlizenzieren, kaufen wir den Entwicklern den Code ab.” MySQL bezahlt also Entwickler, die eine Entwicklung geleistet haben, für das Recht, diese Technologie in der kommerziellen Variante der Software weitervertreiben zu dürfen.
Aber Mickos ist auch noch aus einem ganz anderen Grund mit dieser scheinbar mageren Ausbeute zahlender Kunden sehr zufrieden. Damit komme die Technologie unter die Leute und eine größere Zahl von Fachkräften komme mit dem Produkt in Berührung. So wachse auch die Zahl der Anwender, die vielleicht eines Tages doch noch zu zahlenden Kunden werden. Zwar helfe die Community, die Datenbank stetig zu verbessern und zu erweitern, dabei behält das Unternehmen immer die Entscheidungsgewalt über den Code und vermeidet dadurch, dass inkompatible Versionen der Software entstehen.
Mit Salami-Taktik zu neuen Kunden
Immer häufiger geben Software-Unternehmen aus den oben genannten Gründen heraus den technologischen Kern ihres Produktes oder Teile daraus als Open-Source-Projekt frei. Der kommerzielle Part sind dann zum Beispiel Verwaltungstools für eine offen gelegte Technologie. Der russische Hersteller SWsoft etwa praktiziert dieses Modell mit OpenVZ, einem Projekt für Server-Virtualisierung. Die grundlegende Technologie ist frei verfügbar. SWsoft bietet aber mit Virtuozzo kommerzielle Verwaltungstools und auch Support für die Kerntechnologie an.
Ein weiteres Beispiel ist Actuate. Der Spezialist für Business Intelligence (BI) hat mit der Version 9 seines Produkts eine Brücke zu Open Source in Form eines Eclipse-Plugins und dem Projekt ‘Birt’ geschlagenGrundlegende BI-Funktionalitäten und Technologien sind damit für die Anwender ohne Lizenzkosten verfügbar.
Das Unternehmen tut diesen Schritt jedoch nicht aus Barmherzigkeit, sondern verfolgt mit der Freigabe des Codes handfeste wirtschaftliche Ziele: “Derzeit gibt es weltweit etwa 10.000 Entwickler für Actuate Reports, aber rund 2,5 Millionen Entwickler, die an dem Eclipse-Projekt mitarbeiten”, erklärt Pete Cittadini, President und CEO von Actuate. Mit dem frei verfügbaren Tool sollen Eclipse-Entwickler in der Lage sein, schneller für Actuate zu entwickeln. “Außerdem kommen wir so mit geringem finanziellen Aufwand mit Abteilungen und Unternehmen ins Gespräch, die wir anders nie hätten erreichen können”, glaubt Cittadini.
Für die Freigabe eines Produktes gibt es für Hersteller jedoch auch noch andere Beweggründe. Adobe beispielsweise hat überraschend die bislang kostenpflichtige Entwicklerplattform ‘Flex’ unter einer quelloffenen Lizenz freigegeben. Grund dafür ist wohl Microsofts Engagement, mit der Plattform Silverlight in die Jagdgründe von Adobes Flash vorzudringen. Mit der Freigabe könnte Adobe nicht nur eine neue Gemeinde von Entwicklern hinter sich scharen, sondern auch die Verbreitung der Entwicklungsumgebung vorantreiben. So kann Flash schließlich besser gegen die Microsoft-Konkurrenten Dotnet und XAML bestehen.
Open Source – ein Marketing-Gag?
Inzwischen etabliert sich der Open-Source-Gedanke auch als Marketing-Instrument. Immer öfter entscheiden sich traditionelle Software-Hersteller, den Code einer einzigen Produktlinie offen zu legen. Die verbleibenden Technologien werden dann nach wie vor als proprietäre Software vermarktet. Für manches kleinere Unternehmen oder Start-up ist das oft die einzige Chance, um als Hersteller wahrgenommen zu werden. Die Öffnung einer Produktkomponente oder der Kerntechnologie sorgt nicht nur für neue Kunden und Aufmerksamkeit, sondern kann auch frisches Risikokapital in das Unternehmen bringen.
Böse Zungen behaupten auch, dass so manches Unternehmen günstige Open-Source-Software als Köder benutzt, um mit Anwendern ins Geschäft zu kommen. Wünscht der Kunde weiterführende oder komplexe Lösungen, dann sind schnell die Kosten einer herkömmlichen Software erreicht. Dieses Argument aber ist ein zweischneidiges Schwert. Schließlich werden so Einstiegslösungen für Anwender mit klammen Kassen erschwinglich.
Und damit stoßen Open-Souce-Projekte in Bereiche vor, wo sonst keine Software zum Einsatz gekommen wäre. “Viele Anwender stehen wegen Budget-Problemen vor der Wahl, Open Source oder gar nichts”, so Garnter-Analyst Drakos. “Oft aber sind Open-Source-Produkte gerade für den Einsatz bei kleineren Unternehmen gut genug.” Damit die Anwendergunst jedoch auf ein Projekt fällt, müssen natürlich qualitative Kriterien erfüllt sein. Der Schweizer Systemintegrator Optaros gibt mit einem frei verfügbaren Softwarekatalog einen Überblick über die wichtigsten Anwendungen und bewertet die Einsatzfähigkeit für Unternehmen.