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Bill Gates will menschlicheren Kapitalismus

Als Bill Gates seinen Rückzug von Microsoft bekannt gab, erklärte er: “Jetzt werde ich nur noch an meinem Heiligenschein arbeiten.” Und so wie wir ihn in den zurückliegenden Jahrzehnten erleben durften, wird er auch hierbei keine halben Sachen machen.

Vielmehr arbeitet er schon mit vollem Einsatz an einer neuen Version von Bill Gates dem Turbo-Kapitalisten und die braucht die Welt ungefähr so dringend wie Windows Vista.

Jahrelang hat er aus beinahe sämtlichen Wirtschaftssystemen der Welt, aber vor allem aus denen des Westens mit selbst für die IT-Industrie bemerkenswert harten Bandagen für sich und sein Unternehmen mehr rausgeholt, als irgend ein anderer vor ihm. Nun ist es in seinen Augen offenbar an der Zeit, über neue Formen des Wirtschaftens nachzudenken.

“Wir müssen einen Weg finden, wie der Kapitalismus reiche Menschen dazu bringt, auch die ärmeren zu unterstützen.” Unser Wirtschaften müsse “kreativer” werden. Er wolle ja nicht den Kapitalismus als solchen abschaffen. Jedoch, wie er in einem Interview mit dem Wall Street Journal erklärte, werde er zunehmend ungeduldig mit den Unzulänglichkeiten des Kapitalismus. In den Slums von Soweto etwa, treten diese besonders deutlich zu Tage, wo er sie auch persönlich erleben durfte.

An einem Drittel der Menschheit ginge der technische Fortschritt spurlos vorüber und Gates meint damit keine Windows-Nutzer. “Das ist das was eben unbefriedigend ist, dieses unterste Drittel, zwei Milliarden von sechs Milliarden”, so Gates weiter.

Gates wäre nicht Gates, wenn er uns nicht gleich eine Vision mit auf den Weg gebe. So erklärte er im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums in Davos, dass Unternehmen auch Produkte auf den Markt bringen sollten, die sich auch Menschen in ärmeren Ländern leisten könnten. “Solch ein System hätte eine doppelte Mission: Es bringt den Unternehmen Profite hilft aber denjenigen Menschen, die ansonsten nicht von den Kräften des Marktes profitieren können.”

Man muss schon genau hinhören, wenn dieser Mann etwas sagt, es sei denn er äußert sich zum digitalen Zuhause, denn er ist in den getrübten Augen der Gewinn- und Genussmaximierungsgesellschaft mit dem dicksten Konto eben zugleich auch der erfolgreichste Mensch unserer Zeit, damit ist er vielleicht auch der glücklichste. Wer weiß.

Auf jeden Fall hat er jetzt jede Menge Zeit, lustige Youtube-Videos zu drehen und sich ganz dem Charity-Gedanken zu widmen. Das machen er und seine Frau Melinda in der Gates-Stiftung jetzt schon seit rund acht Jahren.

Und da merkt man, dass der Gedanke von Profit und Fürsorge für Bill Gates so neu nicht ist. Die Bill und Melinda Gates Foundation verfolgt diese neue, kreative und weltverbessernde Maxime schon länger. Zum Beispiel mit einem Investment bei dem italienischen Ölförderunternehmen ENI, das im Nigerdelta Öl fördert.

Dank der Stiftung etwa konnte eines von vielen Kindern aus Nigeria gegen Polio und Masern geimpft werden. Leider leiden einige dieser Kinder jetzt an Asthma, weil ENI es in Nigeria mit Luft- und Umweltschutz nicht allzu ernst meint.

Seit 2005 etwa besitze die Gates-Stiftung, die sich ja auch ganz besonders für Aidskranke und die Erforschung dieser Krankheit einsetzt, für 1,5 Milliarden Dollar Aktien von Pharma-Herstellern, wie Abbott Laboratories. Diese wollen aber nach wie vor Medikamente lieber teuer in den Westen verkaufen, wo die Leute auch anständig dafür bezahlen können, anstatt die lebensverlängernden Medikamente bezahlbar, und damit mit kleineren Margen, im abgehängten unteren Drittel zu vermarkten.

Vielleicht sind es ja genau solche Ungereimtheiten, an denen sich Bill Gates stört und die ungeduldig machen, wie er im Interview erklärte. Jetzt hat er Zeit und vor allem auch die Macht und das dazu nötige Geld daran etwas zu ändern; hoffentlich mit der Effizienz, die wir von ihm gewohnt sind, dann gibt’s auch den Heiligenschein.

Silicon-Redaktion

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