Dies geht aus einem Bericht hervor, den der Beauftragte der Regierung zur Kontrolle der Kommunikationsüberwachung in Großbritannien, Sir Paul Kennedy, kürzlich der Öffentlichkeit vorgelegt hat. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr fast einer Verdoppelung der registrierten Überwachungsfälle. Das Land laufe Gefahr, einer der ersten “Überwachungsstaaten” zu werden, warnt die britische Zeitung Telegraph. Dass Großbritannien mittlerweile als eines der Pionierländer dieser Entwicklung gilt, ist nicht zu bestreiten. So liegt das Land etwa bei der Zahl der installierten Überwachungskameras oder beim Ausbau der Gendatenbank im internationalen Vergleich ganz vorne.
“Was die grundsätzliche Überwachungssituation in Großbritannien betrifft, kann ich die Bedenken der dort lebenden Menschen durchaus verstehen”, erklärt Rainer Hämmer, stellvertretender Landesbeauftragter für Datenschutz in Niedersachsen. In Bezug auf die Überwachung der eigenen Bürger liege das Land im europäischen Vergleich eindeutig vorne. “Die rechtliche Situation ist dort aber eine grundlegend andere als in Deutschland”, betont Hämmer. In Deutschland sei der Staat zwar dazu bevollmächtigt, öffentliche Flächen zu überwachen. Dies sei aber an konkrete Voraussetzungen wie etwa eine Gefahrenabwehr gebunden. “Eine so flächendeckende Überwachung wie in Großbritannien wäre deshalb hierzulande sicherlich nicht möglich”, beruhigt der Datenschützer. Obwohl in Deutschland je nach Bundesland unterschiedliche Voraussetzungen gelten, sei in jedem Fall ein richterlicher Beschluss zur Durchführung einer Abhöraktion vonnöten.
Dem veröffentlichten Bericht zufolge wurden in Großbritannien von April bis Dezember 2007 insgesamt 253.557 Anträge zum Abhören von privater Kommunikation gestellt. Neben anderen Antragstellern waren es alleine 122 lokale Behörden, die in 1600 Fällen abhören wollten. In 1088 der Fälle haben öffentliche Körperschaften Fehler bei den Abhöraktionen gemacht. So sind beispielsweise aufgrund von falschen Angaben des Öfteren auch völlig unschuldige Menschen belauscht worden.
Ein spezieller Zusatz zum Abhörgesetz ‘Regulation of Investigatory Powers Act 2000’ ermöglicht es insgesamt 653 Ministerien, Behörden und Institutionen ohne vorherigen richterlichen Beschluss abzuhören. Die Genehmigungen werden dabei entweder von höheren Beamten in den Stadt- und Gemeindeverwaltungen erteilt, oder im Fall von Geheimdienst- und Polizeiaktionen von den zuständigen Ministerien und Polizeichefs. Eine Verwendung der durch Lauschangriffe gewonnenen Informationen vor Gericht ist allerdings nicht zulässig.
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