Augsburg – das heimliche Zentrum der Multi-Core-Forschung
Im Laufe der kommenden zehn Jahre werden weltweit Multicore-Prozessoren zur Verfügung stehen, die gegenüber Single-Core-Prozessoren eine mehr als hundertfach höhere Verarbeitungsleistung aufweisen. Dafür hat sich jetzt in Augsburg so etwas wie ein neues Zentrum für die Multi-Core-Forschung gebildet, die “Augsburg Multicore Task Force” (AMCTF).
Hier kooperieren Arbeitsgruppen von fünf Lehrstühlen und Professuren mit dem Ziel, Konzepte zu entwickeln, die es ermöglichen, zum einen das Potential der neuen Prozessoren sinnvoll auszuschöpfen, weiterhin sequentielle Software für Multicores zu parallelisieren und schließlich Anwendungen unter Nutzung der wesentlich höheren erreichbaren Verarbeitungsgeschwindigkeit komfortabler zu machen.
“Very Large Scale Integration” (VLSI) ermöglicht es heute, bis zu zwei Milliarden Transistoren auf einem Chip zu verbauen. Die Fortschritte in der VLSI-Technologie werden nach Vorhersagen der amerikanischen Semiconductor Industry Association auch in den nächsten zehn Jahren alle 18 Monate eine Verdopplung der Anzahl der Transistoren pro Chip erreichen. Damit würden im Jahre 2020 Mikroprozessor-Chips mit über einer Billion Transistoren Realität werden. Mit der Verkleinerung der Strukturbreiten treten jedoch verstärkt die Probleme der elektrischen Leistungsaufnahme und Kühlung in den Vordergrund, teilte die neue Forschergemeinschaft mit.
Eine weitere signifikante Erhöhung der Taktrate zur Steigerung der Verarbeitungsleistung werde außerdem in dem Maße, wie sie in der letzten Dekade zu beobachten war, nicht mehr möglich sein. In Zukunft werde die Leistungssteigerung vornehmlich durch die Integration mehrerer oder vieler Prozessorkerne (Cores) auf einem Chip erreicht werden. Derzeit sind bei den Mikroprozessor-Chips höchster Leistungsfähigkeit zwei bis acht Cores Stand der Technik. Prognosen sehen für das Jahr 2011 Mikroprozessor-Chips mit mehr als 32, für 2014 mit mehr als 128 und im Jahr 2017 mit über 512 Cores vor.
Derartige Multicore-Prozessoren werden sich gegenüber Single-Core-Prozessoren durch eine um ein Hundert- oder Mehrhundertfaches gesteigerte Verarbeitungsleistung auszeichnen. Anwender-, Tool- und Hardware-Firmen, die sich rechtzeitig auf derartige Prozessoren einstellen, sollen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erringen. Ins Hintertreffen geraten wird dagegen die nur sequentiell ablauffähige Software, so die Bedenken der Schwaben. Da diese nur auf einem von vielen Cores eines Multicore-Prozessors ablauffähig ist, kann sie in ihrer Ausführungsgeschwindigkeit nicht weiter beschleunigt werden. Für den Großteil der existierenden Software trifft genau dies zu. Es ist zu erwarten, dass schon mittelfristig Firmen, die ihre Software nicht auf Multicores umstellen, gegenüber Konkurrenten mit einer um ein Vielfaches leistungsfähigeren Software ins Hintertreffen geraten werden, hieß es.
Vor diesem technologischen Hintergrund sehen die Augsburger Informatiker in der zukünftigen Anwendungsentwicklung für Multicore-Prozessoren einen wesentlichen Markt für Informatiker. Die Möglichkeit, viele Prozessoren auf einem Chip fertigen zu können, erfordert geeignete Konzepte, um diese Prozessoren sinnvoll zu nutzen. Dazu gehört die Fortentwicklung heutiger Anwendungen mit dem Ziel, diese unter Nutzung der durch Parallelisierung erreichbaren höheren Verarbeitungsgeschwindigkeit in Zukunft komfortabler zu machen. Weiterhin ist es von großer Bedeutung, Wege aufzuzeigen, wie sequentielle Software für Multicores parallelisiert werden kann.