Mobilfunk der vierten Generation lebt von Berliner Forschung
Holger Boche vom Fraunhofer Institut für Nachrichtentechnik Heinrich Hertz (HHI) ist stolzer Preisträger des Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preises. Den höchstdotierten deutschen Förderpreis und das Preisgeld in Höhe von 2,5 Millionen Euro bekam er für seine Arbeit am Mobilfunk der vierten Generation. Er trommelt für den Forschungsstandort Deutschland.
“Der Leibniz-Preis wird vor allem als eine Anerkennung für die derzeitige wissenschaftliche Leistung verliehen. Eine Leistung, die erwarten lässt, dass sich intensive und auch weiterhin erfolgreiche wissenschaftliche Arbeiten anschließen werden. Deshalb ist die Auszeichnung natürlich persönlich zu verstehen und insofern sehr ehrenvoll”, sagte der Forscher gegenüber dem Portal ProjektZukunft – Initiative für Berlin.
Das damit verbundene Preisgeld soll allerdings den laufenden und zu erwartenden Forschungsarbeiten vorbehalten bleiben, fügte er an. Ferner sei es ihm und seinen Studenten und Doktoranden eine große Freude und auch Erleichterung, dass das Preisgeld ihnen erlaube, “nach eigenem Plan, unberührt von langwierigen Forschungsanträgen die gemeinsame Arbeit fortzusetzen und – wenn es denn möglich ist, das Tempo zu erhöhen”.
Sein Forschungsschwerpunkt, die Mobilfunknetze der Zukunft erfordern demnach viel Aufmerksamkeit. Boche: “Ein wesentlicher Bereich der Arbeiten in meiner Gruppe betrifft die Steigerung der spektralen Effizienz von Mobilfunksystemen, das heißt des Verhältnisses von Datenübertragungsrate (in Bit/Sekunde) zur Bandbreite des Signals (in Hertz). Angesichts der großen volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung der Kommunikationstechnik ist besonderer Wert darauf zu legen, dass die künftigen Systeme sehr zuverlässig arbeiten und effizient entwickelt und betrieben werden können.”
“Mobilfunksysteme in der Zeit nach der UMTS-Technik müssen den Kunden deutlich höhere Datenraten bereit stellen können”, fuhr er fort. “Im Jahr 2015 müssen etwa fünf Milliarden Menschen miteinander kommunizieren können. Darüber hinaus werden vermutlich erheblich mehr als tausend Milliarden Sensoren drahtlos Daten austauschen. Das kann nur funktionieren, wenn den Nutzern in den mobilen Netzen die Ressourcen wie Datenrate, Frequenz und Dienstgüte effizient zugewiesen werden können. Für eine Ressourcenverteilung gibt es theoretisch enge Anlehnungen an volkswirtschaftliche Mikroprozesse einer fairen Verteilung. Wir versuchen derartige Modelle mathematisch zu formulieren und auf Fragestellungen der Telekommunikation anzuwenden. Unsere theoretischen Ergebnisse werden dann mit Messungen einer experimentellen Arbeitsgruppe verglichen, um einerseits die technische Ressourcenverteilung besser verstehen zu lernen und andererseits das mathematische Modell besser anpassen zu können. Einige Aspekte unserer Entwicklungen werden in den nächsten Mobilfunkstandard eingearbeitet, der wahrscheinlich schon in diesem Jahr als eine Erweiterung des UMTS-Standards beschlossen werden wird.”
Forschungsgelder aus dem öffentlichen Topf will das von ihm geleitete HHI aber auch wieder zurückgeben. In Form von Mittelstandsunterstützung, Verbindungen, Prestige, internationaler Attraktivität des Berliner Region und ähnlichem. “Ich möchte hier auf nur zwei wichtige Punkte eingehen. Zunächst einmal sind die Fraunhofer-Institute nicht an die jeweiligen Standorte gebunden und müssen vor allem ihren Forschungsauftrag erfüllen. Allerdings bieten gerade in einer Stadt mit vielen KMU, die sich eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung nicht leisten können, die Fraunhofer-Institute eine sehr gute Möglichkeit, sich des technischen Know-hows zu versichern, das den mittelständischen Unternehmen ein wirtschaftliches Überleben ermöglicht. Dies wird insbesondere auch durch Fördermaßnahmen der Berliner Verwaltung wesentlich gestützt”, so Holger Boche.