Wie man Studien manipuliert
silicon.de bringt fast täglich Auswertungen von Studien. Diese sind zumeist von Spezialisten aus großen Analystenhäusern erstellt – und bürgen daher in der Regel für Qualität. Viele andere Studien bleiben jedoch unerwähnt – weil die Ergebnisse und wie sie zustande kamen oft fragwürdig sind.
“Es ist schon erstaunlich, dass selbst große Unternehmen bei Umfragen immer wieder auf klassische Fehler hereinfallen”, sagt Michael Mors, Country Manager des Statistik- und BI-Experten SPSS in Deutschland. “Dabei lassen sich mit den richtigen Informationen und Werkzeugen sehr einfach bessere Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Die Mühen für eine gute Umfrage zahlen sich dann schnell in barer Münze aus”.
Was aber macht eine gute Umfrage aus? So einfach ist diese Frage nicht zu beantworten – nicht umsonst müssen Soziologen, Wirtschaftswissenschaftler und Sozialpsychologen jahrelang die Kunst der empirischen Sozialforschung erlernen. Bei Professor Helmut Kromrey von der Freien Universität Berlin etwa nimmt die Konstruktion eines Fragebogens nur einen kleinen Bruchteil des komplexen Forschungsgebietes ein – hier ein Einblick in das Inhaltsverzeichnis seines Hauptwerkes “Empirische Sozialforschung” -, nur um Ihnen einen Einblick in die Komplexität der Erstellung einer Umfrage zu geben.
Grundsätzlich stellt sich immer die Frage nach dem Wahrheitsgehalt – dieser kann aber nur empirisch überprüft werden, wenn man sich zunächst einmal auf eine gemeinsame Wirklichkeit verständigt hat. Das mag sich esoterisch anhören – ist aber ein ganz alltäglicher Vorgang. Spricht man beispielsweise mit Vertretern von Unix-, von Windows NT- und von Linux-Unternehmen über den Server-Markt, wird man drei verschiedene Wirklichkeiten feststellen. Und ein jeder von ihnen glaubt natürlich nur an seine eigene Wahrnehmung der Dinge.
Erstellt nun einer dieser drei eine Studie zum Servermarkt, geht er von jeweils seiner eigenen Weltsicht aus – und wird die Fragen entsprechend stellen, beziehungsweise Daten über den Markt unter dieser Vorbedingung auswerten. Das mag in vielen Fällen gar keine böse Absicht sein, es belegt aber, dass “objektive” Daten nur sehr schwer erhältlich sind. Der Konstruktivismus beschäftigt sich alleine mit diesem Problem – bekanntester Vertreter ist sicherlich der Österreicher Paul Watzlawick mit seinem Standardwerk “Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“. Für die Wahrnehmung von sozialer Realität ist der Sozialkonstruktivismus zuständig.
Was bedeutet dies alles für Umfragen und Studien? Es gilt Winston Churchills Satz: “Ich glaube nur der Statistik, die ich selbst gefälscht habe.” Gibt es also überhaupt “wirkliche”, also objektive und wahrhaftige Aussagen – und wenn ja, wie erhält man sie?
Nun, am besten, Sie lassen eine Umfrage von unvoreingenommenen Marktbeobachtern durchführen. Diese haben keinen Grund für das Zurechtbiegen der Realität und werden sich immer in größtmöglicher Objektivität üben. Aus diesem Grund finden Sie viele von Analystenhäusern erstellte Untersuchungen auf silicon.de. Diese zeichnen sich in der Regel durch eine gesunde Distanz zu Herstellern von Hard- und Software aus.
Oft allerdings sponsern Hersteller Umfragen – von irgendwoher müssen die Löhne für die Sozialforscher ja kommen. Wir wollen nicht unterstellen, dass solchermaßen bezahlte Untersuchungen manipuliert sind. Wir erlauben uns aber stets den Hinweis, dass die Forschungsergebnisse möglicherweise “wenig überraschen”.