Internet-TV: Katerstimmung nach dem Hype
Es war eine schöne neue Welt, von der die Telekom-Branche in den letzten Jahren träumte: Unter der Bezeichnung IP Multimedia Subsystem oder kurz IMS sollten neue Services mit verschiedensten Datenformaten wie Sprache, Videos, Bilder oder Text auf einer offenen Plattform vereint werden. Doch zu sehen ist davon herzlich wenig.
Ob Musikdownloads, Videokonferenzen, Reisebuchungen oder IP-TV im heimischen Wohnzimmer: IMS sollte alle technologischen Grenzen schwinden lassen. Für die Provider hätte dies lukrative Services bedeutet, unabhängig vom Endgerät, Netz oder Datentyp. Doch die Realität ernüchtert: Konkurrierende Technologieansätze, eine aufgewirbelte Branche mit unklarer Marschrichtung – das ist der Status quo, den die Experten von Empirix, Experte auf dem Gebiet Qualitätssicherung von VoIP- und IMS-Anwendungen, ausmachen.
“Die Telekom-Branche hat in den letzten Jahren zwar Milliarden in Forschung und Entwicklung von IMS investiert, verdient hat sie damit aber bisher kaum”, so Reinhard Schmied, Account Manager Empirix Voice Deutschland. “Zwar gibt es schon seit 2006 VoIP-Angebote von DSL-Providern, sehr viel Umsatz generieren diese aber nicht. Erst seit kurzem werden den Verbrauchern Produkte wie IP-TV oder Video-on-Demand schmackhaft gemacht, eine breite Akzeptanz fehlt dafür aber genauso wie für VoIP-Telefonie.”
Insbesondere Deutschland tue sich mit IMS schwer: Hierzulande verfüge man im Gegensatz zu anderen Industriestaaten wie Großbritannien oder den USA über ein Telefonnetz mit hervorragender Sprachqualität und Datensicherheit – eine Folge der politischen Wende, infolge derer Milliarden in ein leistungsfähiges ISDN-Netz investiert wurden. Und genau das sei das Problem, so Schmied: Das deutsche Netz sei relativ neu und ermögliche deshalb zusätzliche Services. Viele deutsche Provider sähen daher kaum eine Veranlassung, die Aufrüstung Ihrer Infrastruktur auf neue Technologien wie IMS voranzutreiben. Zudem biete ISDN eine sehr hohe Sprachqualität, mit der VoIP-Services nur schwer konkurrieren können – auch dies hemme die Investitionsbereitschaft der Anbieter in VoIP- und IMS-Technologien.
Weitere Hemmschuhe seien die großen Merger der vergangenen Jahre wie die von Nokia Siemens Networks, Alcatel Lucent und einige kleinerer Network-Equipment-Herstellern. Das bremse die Entwicklung der gesamten Branche, denn die neu entstandenen Unternehmen müssten sich erst einmal selbst finden. Viele Projekte seien eingestampft worden. Die Entwicklung neuer Projekte koste aber Zeit.