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Betriebsratskunde für CxOs

Zum Trost gibt’s diesmal ausnahmsweise einen vernünftigen Wocherückblick. Als vernünftig betrachtet man auf den Chefetagen ja jenen Teil der Journaille, der stolz darauf ist, bedeutende Persönlichkeiten zu kennen und von jenen zu vertrauensvollen Hintergrundgesprächen in gute Restaurants eingeladen zu werden, um sich dort deren Sicht der Dinge in die Feder diktieren zu lassen.

Heute also einen anderen Wochenrückblick – wir sind ja unter uns (siehe Einleitung) – und zwar aus Anlass des gestrigen Feiertags zum Thema: Arbeitnehmerorganisationen aus der Chefperspektive. Das muss schließlich auch einmal vernünftig abgehandelt werden – so, wie’s im Business üblich ist: unter Berücksichtigung der Kosten, des Nutzens und der Flexibilität der verschiedenen Lösungen, die angeboten werden.

Da sind zunächst einmal die DGB-Gewerkschaften, quasi die Legacy-Systeme unter den Arbeitnehmerorganisationen. Ein sehr hoher finanzieller Aufwand und ausgewiesenes Expertenwissen ist notwendig, um sie für das jeweilige Unternehmensziel zu adaptieren.

Bei VW etwa bedurfte es dazu eines so erfahrenen Administrators wie Peter Hartz. Eines Mannes mit derart außergewöhnlichen Skills, dass er nebenbei – gleichsam als Fingerübung – den bundesdeutschen Sozialstaat zu demolieren, in der Lage war.

Allerdings sind selbst bei solchem Spitzenpersonal die Kosten, die beim Kauf eines DGB-Betriebsrats anfallen, immens: Bordellbesuche, Boni und ein eigenes Management, um erstere zu organisieren. Fazit: Ungeeignet für moderne Unternehmen, die mit Löhnen wie in China und Preisen wie in der Münchner Maximilianstraße kalkulieren müssen, um den Shareholder Value hochzuhalten.

Deshalb haben innovative Unternehmen wie Siemens und Aldi eine performantere Lösung entwickelt: die AUB. Das Three-Letter-Acronym steht für Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger. Als Siemens-typisches Midrange-System stellt sie eine portierbare CORE-Implementierung (Corrupt once, run everywhere) dar.

Laut Angaben – diesmal ausnahmsweise nicht des Unternehmens, sondern jenen der Staatsanwaltschaft – hat Siemens immerhin noch 50 Millionen Euro in die ersten Entwicklungsarbeiten für den Gewerkschafts-Dummy investiert. Aldi hingegen musste für sein AUB-Projekt lediglich 120.000 Euro aufwenden.

Das System ist äußerst benutzer- sprich: arbeitgeber-freundlich und lässt sich einfach erweitern. Über ein paar Kugelschreiber mit Werbeaufdruck und Wahlkampf-Luftballons etwa können so wertvolle Features wie CDU-Bundestagsabgeordnete eingebunden werden.

Sehr kostenbewusste Unternehmen wiederum setzen auf Betriebsrats-Appliances, auch Gadget-Gewerkschaften genannt. Das sind spezielle Branchenlösungen zu Commodity-Preisen. Lediglich 133.526,69 Euro brauchte die PIN-Group in ihr GNBZ-System (Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste) investieren.

Gewerkschafts-Gadgets funktionieren nach dem CV-Prinzip (contrary virtuality/Grundsatz der gegenteiligen Virtualität). Virtualität bedeutet ja, dass etwas nicht ist, aber so wirkt. CV nun heißt: Etwas ist nicht und bewirkt das genaue Gegenteil.

Die GNBZ etwa stellte die im obigen Sinne benutzerfreundliche Forderung nach “bezahlbaren Löhnen” auf. Eine sehr fein- und hintersinnige Formulierung ist das, denn was als bezahlbar zu gelten hat, wird auf der Chefetage entschieden. 133.526,69 Euro für eine Gewerkschaftssimulation sind demnach gerade noch drin, nicht aber 9 Euro Stundenlohn für einen Briefträger.

Und dann ist da noch der CGB (Christlicher Gewerkschaftsbund). Dieser funktioniert nach dem E-Bay-Prinzip. Von ihm können kostenbewusste Arbeitgeber Tarifverträge zu Schnäppchenpreisen bekommen.

Christenmenschen sind schließlich zu einem gottgefälligen Handeln angehalten. Deshalb wohl nennen einige die vorteilhaften Deals mit dem CGB auch “Gefälligkeitstarifverträge”.

Allerdings sollte, wer einen nativen Gewerkschafter kauft oder eine günstige Emulationslösung auf CORE-, Gadget- oder Gefälligkeitsbasis wählt, sich der langfristigen Folgekosten bewusst sein. Auf mittlere Sicht fallen zwar keine weiteren Aufwendungen an.

Aber die heilige Mutter Kirche führt im KKK (Katechismus der Katholischen Kirche) als eine von fünf himmelschreienden Sünden die gängigen Methoden zur Senkung der Personalkosten auf: “Dem Tagelöhner, der bedürftig und arm ist, sollst du seinen Lohn nicht vorenthalten” (Deuteronomium, Kap. 24, Vers 14). Und welche Konsequenzen himmelschreiende Sünden im Jenseits – also eher langfristig – nach sich ziehen, das kann man sich ja seit Hieronymus Bosch (1450 – 1516) bildlich sehr gut vorstellen.

Doch, so geht’s zu an Tagen wie diesem. Die Männer auf der Chefetage sind ganz allein. Und nicht einmal auf Unterstützung von ganz oben können sie hoffen.

Silicon-Redaktion

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