Politischer Aktivismus via Facebook ist harmlos
Ägyptische Menschenrechtsaktivisten haben sich im Kampf gegen Preissteigerungen und Freiheitsbeschränkungen über das Online-Netzwerk Facebook formiert. Die politischen Dissidenten riefen im Internet zum nationalen Streik auf, um gegen die Missstände im Land zu protestieren. Allerdings blieb der Streikaufruf aus dem Social Network am Sonntag weitgehend ungehört.
Die Aktivisten hatten die Bevölkerung dazu aufgefordert, aus Protest zu Hause zu bleiben, nicht einkaufen zu gehen und sich als Zeichen der Bestürzung über die Zustände in schwarz zu kleiden. Doch der Verkehr in Kairo war chaotisch und rege wie immer und die Mehrheit ging wie gewohnt ihrer Arbeit nach.
Dennoch zeigt sich, dass die Online-Aktivisten durchaus ernst und als Bedrohung wahrgenommen werden. So wurde im vergangenen Monat eine junge Ägypterin verhaftet, nachdem sie eine Facebook-Gruppe ins Leben gerufen hatte, die einen Streik am 6. April bewerben sollte. Die Festnahme von Esraa Abdel Fattah führte aber auch dazu, dass die Webseite mehr Aufmerksamkeit bekam und viele Facebook-Nutzer ihre Freilassung einforderten, berichtet das Wall Street Journal. Mittlerweile wurde Fattah wieder in Freiheit entlassen. Die Behörden ihrerseits nehmen indes Facebook ganz genau unter die Lupe und verfolgen jegliche Protestaktivitäten in dem Social Network.
Die größte Facebook-Gruppe der ägyptischen Aktivisten zählt mittlerweile mehr als 74.000 Nutzer. Viele von ihnen wollen trotz des geringen Erfolgs ihres jüngsten Protestaufrufs weitermachen. Zuvor war der Streik über Wochen hinweg über E-Mails, SMS und Facebook beworben worden. Die Networking-Dissidenten nutzen dabei in erster Linie virtuelle Flyer und Fotos, die einer typischen Online-Banner-Werbung ähnelten. Anlass für die Aktion am Sonntag war neben den ungeheuren Steigerungen der Lebensmittelpreise auch der 80. Geburtstag von Präsident Hosni Mubarak.
Die Nutzung von Facebook und anderen Online-Verbreitungswegen ist an sich nichts Neues. Die junge Generation – speziell in der arabischen Welt, aber auch in Ländern wie China – formiert sich bereits seit längerem verstärkt im Internet und nutzt Blogs, SMS, Videoportale und Netzwerke, um gegen Missstände anzukämpfen. Der direkte Weg der Kritik bzw. Forderungen an die Politik wie sie hierzulande möglich sind, steht vielen Organisationen und Aktivisten in anti-demokratisch regierten Ländern nicht zur Verfügung. “Bei unserer Arbeit spielen Online-Netzwerke bis dato keine große Rolle. Wir haben zwar einzelne Erfahrungen damit, wählen aber in der Regel mittels Presseaussendungen den direkten Weg über die Medien, um unsere Anliegen zu verbreiten und Druck auf Politik und Wirtschaft auszuüben”, erklärt Andreas Eickelkamp, Pressesprecher der Organisation Food Watch. Was die Öffentlichkeitsarbeit betreffe, seien die klassischen Methoden in Deutschland noch immer am wirksamsten.