“Das Internet entwickelt sich derzeit zu einem festen Ziel von Ermittlungen”, analysiert Prof. Dieter Kempf vom Bitkom-Präsidium die neuen Zahlen der Bundesnetzagentur. “Der Staat orientiert sich offensichtlich neu, hin auf moderne Kommunikationsformen.”
Netzbetreiber und Internet-Provider sind gesetzlich zur Kooperation mit den Ermittlern verpflichtet. BITKOM-Präsidiumsmitglied Kempf erinnert anlässlich der neu vorgestellten Überwachungszahlen die Bundesregierung an ein bereits vier Jahre altes Versprechen, den Unternehmen die Kosten für die Überwachungen zu erstatten.
“Anbieter haben Millionen in teure Spezialtechnik und Personal investiert – und sind bisher auf ihren Ausgaben sitzen geblieben”, kritisiert Kempf. Allein für die seit diesem Jahr geltende Vorratsdatenspeicherung müssen die Netzbetreiber bis zu 75 Millionen Euro in Technik investieren. Hinzu kommen jährliche Betriebskosten in zweistelliger Millionenhöhe.
“Der Gesetzentwurf für eine Entschädigung muss jetzt mit dem gleichen Elan in Kraft gesetzt werden wie im letzten Jahr die Vorratsdatenspeicherung”, fordert Kempf. Die Bundesregierung dürfe sich nicht länger ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht entziehen, den Unternehmen ihre immensen Investitionskosten zu ersetzen. Innere Sicherheit sei eine originäre Staatsaufgabe, deren Finanzierung nicht Aufgabe der Wirtschaft sein könne, wettert Kempf. “Schließlich sind auch nicht die Autohersteller verpflichtet, kostenlose Streifenwagen zu liefern.”
Kempf rief angesichts der steigenden Zahlen dazu auf, die Überwachung von Telefon und Internet maßvoll einzusetzen: “Eine Abhöraktion sollte das letzte Mittel sein, wenn sich schwere Straftaten nicht anders verhindern oder aufklären lassen.” Mit Blick auf die geplante Online-Durchsuchung von Computern sagte Kempf, dass sicher gestellt sein müsse, dass man auch die Richtigen treffe, nämlich Schwerstkriminelle und Mitglieder terroristischer Vereinigungen. Mehr Überwachungen bedeutete nicht automatisch mehr Sicherheit.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 46.486 Rufnummern, E-Mail-Adressen und Internetzugänge neu überwacht. Das ist eine Steigerung um elf Prozent gegenüber 2006. Damals nahmen die Ermittler 41.985 Kennungen unter die Lupe, die Verlängerungen bereits bestehender Überwachungen nicht eingerechnet. Die weitaus meisten Zugriffe gelten nach wie vor Mobiltelefonen. So stieg die Zahl der überwachten Handys 2007 um neun Prozent auf 39.200. Die Zahl der abgehörten Festnetznummern liegt mit 5078 knapp unter dem Niveau von 2006.
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