Anti-Virus: Streit um Software-Patente

Das in der Vorwoche erteilte Patent 7.376.970 beinhaltet die Technik, unbekannte Software und damit potenzielle Malware in einer virtuellen Betriebssystemumgebung zu untersuchen.

Fraglich ist jedoch, ob die im Februar 2004 zum Patent angemeldete Technologie wirklich von Microsoft erfunden wurde – kein ungewöhnliches Problem im Software-Bereich. “Mit den Software-Patenten in den USA scheint es wie im kalten Krieg zu sein. Man hortet sie als Waffen und Munition, hofft aber, dass man sie doch nicht verwenden muss – doch wird ständig aufgerüstet, um sich gegen potenzielle Angriffe besser wehren zu können”, sagte dazu Andreas Marx, Geschäftsführer von AV-Test.

Marx verweist beispielsweise auf die Sandbox des IT-Sicherheitsanbieters Norman, die einen ähnlichen Ansatz wie die Microsoft-Technik verfolgt und bereits auf der Virus Bulletin Konferenz im Jahr 2001 vorgestellt wurde. Allerdings sei es fraglich, ob es zu einer Anfechtung des Microsoft-Patents komme. “Wahrscheinlich wird das keine andere Anti-Viren-Firma machen, weil diese meist selbst einen großen Satz von Patentschriften hat, der sicherlich auch das eine oder andere angreifbare Patent enthält.”

Software-Patente auf verbreitete Techniken sind häufig. “Selbst die einfache Suche nach Signaturen in Dateien ist patentiert”, sagte Marx. Die Palette der Patente reicht von Methoden wie dem One-Click-Shopping von Amazon bis hin zu Trivialitäten. Sogar auf Implementierungen von Fortschrittsbalken gibt es Patente – und das auch in der Europäischen Union.

“Ist es wirklich sinnvoll, verbreitete Technologien überhaupt patentieren zu können?”, sagte AV-Test-Mitarbeiter Frank Deßmann. Die Linux- und Open-Source-Gemeinschaft sei angesichts der Vergabe von Patenten für längst bekannte Methoden frustriert und gerade im Open-Source-Bereich könnten Patente leicht zu Problemen führen.

So sei Trend Micro Anfang des Jahres aufgrund eines vermeintlichen Angriffs auf die Open Source Community ins Visier der Software-Patent-Kritiker geraten. Seither ruft die ‘Foundation for a Free Information Infrastructure’ (FFII) zum Boykott des Anbieters auf.

“Software-Patente werfen eher Probleme auf, vor allem für kleinere Anbieter, und nutzen hauptsächlich den großen Firmen”, meinte Marx. Ein gerichtliches Vorgehen gegen große Anti-Viren-Anbieter habe kaum Erfolgsaussichten, kleine Firmen könnten dagegen mit Klagen überzogen werden.

Silicon-Redaktion

Recent Posts

Blockaden und Risiken bei APM-Projekten vermeiden

Application Portfolio Management (APM) verspricht Transparenz, mehr IT-Leistung und Effizienz – theoretisch.

2 Tagen ago

BSI-Bericht: Sicherheitslage im Cyberraum bleibt angespannt

Im Berichtszeitraum Mitte 2023 bis Mitte 2024 wurden täglich durchschnittlich 309.000 neue Schadprogramm-Varianten bekannt.

3 Tagen ago

KI-Hype in der Cybersicherheit – oder besser doch nicht?

KI kommt in der Cybersicherheit zum Einsatz, etwa um Abweichungen im Netzwerkverkehr zu identifizieren. Ist…

3 Tagen ago

Netzwerksegementierung schützt vor Angriffen über die OT

Ungepatchte und veraltetete Maschinen-Software ist ein beliebtes Einfallstor für Hacker, warnt Nils Ullmann von Zscaler…

4 Tagen ago

KI-Bluff bei AIOps erkennen

Die Auswahl einer Lösung sollte anhand von echten Leistungsindikatoren erfolgen, um echte KI von Behauptungen…

4 Tagen ago

Klinikum Frankfurt an der Oder treibt Digitalisierung voran

Interdisziplinäres Lenkungsgremium mit Experten aus den Bereichen IT, Medizin, Pflege und Verwaltung sorgt für die…

5 Tagen ago