Bitte möglichst billig – die Tricks der Arbeitgeber
In Zeiten des Fachkräftemangels ist es kein Wunder, dass freiberufliche IT-Experten wieder höhere Stundensätze verlangen. Doch können sie diese beim Auftraggeber auch durchsetzen? Nicht unbedingt, wie unsere Recherchen gezeigt haben.
Ulrich ist auch der Meinung, dass die Unternehmen weniger über fehlende Fachkräfte klagen müssten, wären sie bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Dem widerspricht Gerlinde Baumer von der Unternehmensberatung DV-Ratio: “Der Fachkräftemangel kann nicht ausschließlich durch die Honorarlinse gesehen werden”, sagte sie im Gespräch mit silicon.de. “Das Honorar ist ein wichtiger Faktor neben vielen anderen, die den IT-Freelancer in seiner Entscheidung für oder gegen einen Projektpartner beeinflussen. Image des Partners, Vermittlung und Betreuung sowie Informationsprozesse üben ebenfalls einen starken Einfluss aus.”
Sie empfiehlt Freiberuflern für Gehaltsverhandlungen ein “gewisses Maß an Flexibilität” mitzubringen. “Die Honorarverhandlungen erfolgen schließlich im Kontext eines speziellen Projekteinsatzes mit spezifischen Anforderungen und Gegebenheiten.”
Dennoch lässt sich die Überzeugungskraft des Geldes nicht wegargumentieren. Das beweisen die Reaktionen unserer Leser zu unseren jüngsten Artikeln zum Thema Fachkräftemangel. “Ein hochqualifizierter Freiberufler erhält nicht einmal das Minimum dessen, was ihm de facto als Honorar zusteht”, schreibt beispielsweise M.. Sarkastischer formuliert es U.S.: “Es gibt einen Mangel an guten Ingenieuren, die mit einem Facharbeitergehalt leben können. Daher rührt auch das allgemeine Interesse an Indern. Die sind nämlich noch billiger.” “Gebt den Arbeitssuchenden endlich das Gehalt, das Ihr euch selber gebt”, empört sich ein weiterer Leser mit Blick auf die Managementetagen.
Grundsätzlich sind die Zeiten für IT-Freiberufler gut, dieser Meinung ist auch Gulp-Experte Ulrich. Doch er kennt genauso die Methoden, mit denen Projektanbieter versuchen, die Preise der Freelancer zu drücken. Am häufigsten geschieht das über die Vermittler, über die die meisten freiberuflichen IT-Profis nach neuen Jobs suchen. Projektanbieter bündeln hier das Volumen, indem sie nicht mit mehr als drei bis vier Vermittlern zusammenarbeiten. Diese wiederum sind unter diesen Umständen zu Zugeständnissen bei der Marge bereit, da sich das Geschäft Dank des gesteigerten Volumens für sie immer noch lohnt. Für den einzelnen Freelancer bleibt jedoch weniger.