Spitzel-Affäre belastet Telekom-Image kaum
Die Spitzel-Affäre rund um die Deutsche Telekom hat bislang kaum negative Auswirkungen auf das Image des Unternehmens gehabt. Das zeigt der Brand-Index des Marktforschungsinstitutes psychonomics, der die öffentliche Wahrnehmung von Verbrauchermarken misst und vergleicht. Seit Wochenbeginn fiel der Imagewert der Telekom demnach nur um einen Prozentpunkt.
“Prognosen zur weiteren Entwicklung sind sehr schwer zu stellen. Man muss abwarten, welche neuen Erkenntnisse gewonnen werden. Sollte sich etwa herausstellen, dass der Spitzel-Auftrag von der Unternehmensleitung selbst gekommen ist, könnte dies möglicherweise einen deutlich negativen Einfluss auf das Image haben”, sagt Boris Hedde, Studienleiter bei psychonomics. Scheinbar würde die öffentliche Meinung in Deutschland aber auch zwischen der Überwachung einfacher Filialleiter wie im Fall Lidl und jener von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern differenzieren.
Obwohl das Image der Telekom bislang in der öffentlichen Wahrnehmung kaum gelitten hat, liegt der aktuelle Wert derzeit bei minus elf. “Die Deutsche Telekom ist als ehemals staatlicher Konzern ein gebranntes Kind. Beim Börsengang wurde das Wertpapier als Volksaktie beworben, im Laufe der Zeit gab es jedoch viele Enttäuschungen, die auch der Marke zugesetzt haben”, erklärt Hedde. Die Marke Telekom habe es demnach nicht leicht, werde immer kritisch beobachtet und oft als Projektionsfläche verwendet. Negativnachrichten würden dementsprechend oft auch groß in den Medien aufgegriffen. Der Imagewert der Telekom lag deshalb auch in der Vergangenheit durchschnittlich bei minus zehn. Anders als das Image, wird die Präsenz der Marke Telekom derzeit durch die Negativschlagzeilen deutlich schlechter wahrgenommen. Der entsprechende Wert fiel von minus sechs auf minus 20 Punkte.
Die Überwachung von Mitarbeitern wirkte sich bei Lidl wesentlich auf das Image aus. Die Imagewerte des Unternehmens fielen von 27 auf minus neun Punkte. Lidl habe sich zwar nach dem Absturz wieder leicht erholt, ist aber von den ursprünglichen Werten noch weit entfernt, erläutert Hedde. Vor Bekanntwerden lag Lidl innerhalb der Handelsketten-Branche beständig auf dem zweiten Platz hinter Aldi und stürzte wenige Tage nach Veröffentlichung der Vorfälle auf den letzten Platz. Mittlerweile findet sich das Unternehmen auf einer mittleren Position wieder. “Lidl hat kurz nach Bekanntwerden der Überwachung eine große Kampagne zur Krisenkommunikation gestartet und damit eine Trendwende und die Chance zur Erholung des Imagewertes ermöglicht”, so der psychonomics-Experte. Nokias Imagewert, der nach der Mitteilung über die Schließung des Bochumer Werkes drastisch gefallen ist, sei hingegen nachhaltig geschädigt und konnte sich kaum erholen.
Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wurden im Rahmen der Bespitzelungsaktionen nicht nur Telefonverbindungen, sondern auch Bankdaten ausgeforscht und Bewegungsprofile einzelner Personen erstellt. Die Staatsanwaltschaft hat unterdessen gestern, Donnerstag, die Bonner Zentrale der Deutschen Telekom durchsucht und Medienberichten zufolge umfangreiches Datenmaterial sichergestellt. Zudem wolle Innenminister Wolfgang Schäuble bei einem Treffen mit den Chefs deutscher Telekommunikationskonzerne nächste Woche über verantwortungsvollen Umgang mit Daten sprechen. Wie das Handelsblatt berichtet, haben Arbeitnehmervertreter im Telekom-Aufsichtsrat zudem angekündigt, eine Strafanzeige gegen den Konzern und gegen Unbekannt einzubringen.