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Verschenktes Potential bei IT-Senioren

Fachkräftemangel – besonders im IT- und Industriebereich – ist in aller Munde. Die gefürchtete Konsequenz: Wettbewerbsnachteile im internationalen Vergleich. Diese Sorge ist vermutlich nicht unbegründet. Deshalb gibt es nahezu wöchentlich neue Ideen, wie die Situation zu lösen wäre. Die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte ist ein beliebter Vorschlag. Doch gibt es auch andere Ansätze.

Auch in Großbritannien kennt man das Problem – wenngleich die Lage nicht ganz so angespannt ist wie hierzulande. Denn die Beschäftigungsquote der über 55-Jährigen ist auf der Insel deutlich höher als in Deutschland. Nahezu 56 Prozent der älteren Arbeitnehmer sind hier noch aktiv im Arbeitsleben. Im Vergleich: In Deutschland sind es nur rund 42 Prozent.

Im IT-Bereich kommt für beide Länder natürlich erschwerend hinzu, dass diese dynamische, schnelllebige Branche fast schon traditionell einen Hang zum Jugendwahn pflegt.

Dennoch ist diese Einstellung unterschiedlich ausgeprägt: Der Anteil aller IT-Experten über 50 Jahre, die sich mit unseren Kursen weiterbilden, liegt in Großbritannien bei etwa 23 Prozent. Zwar ist dieser Wert ausbaufähig, doch im Vergleich zu Deutschland geradezu vorbildlich.

Dort kommen wir auf nur 11 Prozent älterer IT-Fachkräfte, die eine Qualifizierung bei uns besuchen. Interessant ist auch, dass die Erfolgsquote bei allen Altersgruppen nahezu gleich ist: So bestehen durchschnittlich 85 Prozent aller Teilnehmer die abschließende Zertifizierungsprüfung auf Anhieb. Diese Zahl widerlegt meiner Meinung nach das oft gepflegte Vorurteil, ältere Mitarbeiter seien nicht mehr leistungsfähig oder motiviert. Sie messen sich vielmehr ohne Probleme mit den “Youngstern”.

Meiner Meinung nach können es sich führende Volkswirtschaften wie Deutschland oder Großbritannien nicht leisten, auf das Potenzial ganzer Beschäftigungsgruppen zu verzichten oder diese aus dem Erwerbsleben auszuklammern. Neben einer praxisorientierten Ausbildung junger Fachkräfte ist eine konsequente Förderung bestehender Experten nötig. Auf diese Weise ist ein vitaler Erfahrungs- und Wissensaustausch möglich, von dem sowohl Young Professionals als auch “gestandene” IT-Fachleute profitieren.

Silicon-Redaktion

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  • Verschenktes Potential bei IT-Senioren
    Als einer der "Alten" gebe ich dem Autor des Artikels völlig recht.
    Das Problem ist nur, daß es kaum Unternehmen gibt, die bereit sind, in Menschen zu investieren, deren "Ablaufdatum" näher kommt. Wenn eine Fortbildungsmöglichkeit geboten ist, dann überwiegend nur über die Arbeitsagentur oder Job-Center. Und auch dort ist man älteren Menschen gegenüber zurückhaltend.
    Was muß geschehen?
    Die Unternehmen müssen ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden und Menschen (hinter allen Zahlen verbergen sich nun mal Menschen) selbst aus- und weiterbilden. Und wer sagt denn, daß mit 65 schluß sein soll? Ich würde gerne noch mit 70 tätig sein.

  • Völlig paradox
    Ich lese jede Woche, dass es zuwenig Fachkräfte gibt. Und dann sitze ich hier mit 43 Jahren und alle Bewerbungen werden kommentarlos abgelehnt oder gar nicht erst beantwortet. Seit meinem 16. Lebensjahr arbeite ich mit PCs und kenne sie in- und auswendig, sowohl hard- als auch softwaremäßig. Da es aber damals noch keine Lehrberufe gab und ich mir alles selbst beigebracht habe, gelte ich doch allen Ernstes als "ohne Ausbildung". Dass ich Kursbester bei Siemens als Network Security Engineer war, interessiert auch keine Firma.

    Ich muss tatsächlich jetzt den Job wechseln und werde Fernfahrer. So gehen Deutschland die Fachleute verloren. Und hinterher werden alle wieder heulen und Ausländer ins Land holen wollen!

    Wieso sind die Politiker so schrecklich dumm?

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