Henry T. Nicholas III – Dotcom-Wunder im Drogenrausch
Der tiefe Fall des Broadcom-Gründers wirft wieder einmal die Frage auf, wie blind und taub eine Management-Etage sein kann – oder will. Im Gerichtsverfahren wird an diesem Montag (16.06) die Anklageschrift verlesen. Es geht es nicht nur um den Milliardenverlust für eine Firma, es offenbart vor allem auch eine menschliche Tragödie.
Inmitten der Dotcom-Party pochte er stets auf eine konservative Kleiderordnung für seine Mitarbeiter und verlies an normalen Tagen das Büro selten vor Mitternacht. Einmal arbeitete er 78 Stunden ohne Schlaf durch. Begründung: Er habe seine Grenzen austesten wollen. Dazu passen auch sein Hobby Skydiving, zwei Privatjets für die Luft, ein Lamborghini Diablo Roadster für die Straße, ein Privattrainer in Dauer-Bereitschaft und großkotzige Sprüche über seine Trinkfestigkeit.
Ein Leben auf der Überholspur, bei dem er die Bodenhaftung offenbar immer mehr verlor: Drogenpartys, Sex-Orgien mit Prostituierten, schwunghafter Drogenhandel, Millionen Schweigegeld für Mitwisser, Morddrohungen.
2003 trat er aus “persönlichen Gründen” aus der Konzernführung ab. Seine Frau Stacey hatte die Scheidung eingereicht. Nicholas wollte nach eigenen Worten seine Ehe retten – aus heutiger Sicht liegt die Vermutung nahe, dass ihm sein Doppelleben zu diesem Zeitpunkt über den Kopf gewachsen war.
Das Signal seiner Frau war auf alle Fälle eindeutig: Bis hier und nicht weiter. Warum aber ist sie die einzige in all den Jahren, die zur Notbremse gegriffen hat? Nicholas muss sich gemeinsam mit Ex-Finanzchef wegen illegal zurückdatierter Aktienoptionen verantworten. Ähnliche Verfahren gab es bei rund 200 US-Firmen, der Fall Broadcom ist – man ahnt es schon – einer der größten.