Manager müssen den ‘Linus’ in sich wecken

Mehr Mut zum Risiko, weniger Meetings und einen guten Schuss Management à la Linus Torvalds – das empfiehlt Internet-Theoretiker Clay Shirky Managern auf den Weg ins Web-2.0.-Zeitalter.

silicon.de: Wenn ein Unternehmen den Einsatz von Collaboration-Tools innerhalb der Firma erlaubt – was können IT-Manager tun, um die negativen Auswirkungen (z.B.: unkontrollierter Informationsfluss oder Information Overload) zu minimieren?

Shirky: Leider bleibt das wirklich beste Tool der gesunde Menschenverstand. Die Beschwerde gab es über PCs, dann über E-Mail, dann über das Web und so weiter. Tatsache ist, dass IT-Tools, die die Fähigkeit eines Mitarbeiters erhöhen, das Richtige zu tun, normalerweise auch dessen Fähigkeit erhöhen, das Falsche zu tun. Mitarbeitern den Unterschied zwischen diesen beiden Möglichkeiten klar zu machen, ist normalerweise beides, kostengünstiger und effektiver, als die Tools zu verbieten.

silicon.de: Hier wirklich loszulassen, dürfte vielen Firmen- und IT-Chefs schwer fallen. In diesem Zusammenhang haben Sie Linux-Vater Linus Torvalds in der Vergangenheit mehrmals als gutes Beispiel für einen neuen Führungsstil bezeichnet – können Sie erklären, was er besser als viele anderen Manager macht?

Shirky: Linus verkörpert einen Management-Stil, der keinem der gängigen Vorbilder – großer Visionär und Micro-Manager – entspricht. Stattdessen ist Linus Meister eines leitenden Stils, den ich ‘Förderung’ nenne. Ohne Zweifel leitet er das Projekt im Hinblick auf viele, wichtige Aspekte, aber er nimmt sich auch zurück gegenüber dem kollektiven Verstand der unglaublichen Talente, die das Linux-Projekt angezogen hat. Er lässt diesen den Vortritt sowohl im Kleinen, wenn es um die Bewertung dessen geht, was eine akzeptable Ergänzung für Linux darstellt, als auch im Großen, wenn es um die Gesamtausrichtung des Projekts geht.

Um Ihnen eine Vorstellung davon zu vermitteln, was ‘Förderung’ bedeutet: Linus hat beobachtet, dass in diesem Jahr viel Arbeit für Linux im Bereich Virtualisierung stattfindet, obwohl er selbst überhaupt nicht an Virtualisierung interessiert ist. Und dann sagte er, das sei “…ein hervorragendes Beispiel dafür, wozu Open Source führt: Die Interessen einer speziellen Person (oder Firma) sind nicht weiter dominant. Die Tatsache, dass ich persönlich denke, Virtualisierung ist nicht spannend, bedeutet so gut wie nichts.”

Das ist ‘Förderung’ – Engagement und Führung – ohne die Notwendigkeit, jede Bewegung zu kontrollieren.