Top-Level-Domains: Teures Neuland in Sicht
Lange hat die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) über die Vergabe neuer Top-Level-Domains (TLDs) nachgedacht, jetzt dürfte sie beschlossen werden. Seit Sonntag findet das 32. International Public ICANN Meeting in Paris statt. Zum Abschluss am Donnerstag kommt es zur Abstimmung darüber, ob die Vergabe von TLDs liberalisiert wird.
Wird der Vorschlag angenommen, würde dies den Weg für neue generische TLDs wie .berlin ebnen – allerdings zu möglicherweise sehr hohen Kosten. Für Domains in nicht-lateinischen Schriftzeichen wiederum, die von einigen Ländern bereits vehement eingefordert werden, könnte noch in dieser Woche ein beschleunigter Fasttrack-Prozess beschlossen werden.
Die Zeichen dafür, dass Neuland im Internet erschlossen wird, stehen gut. “Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es beschlossene Sache ist, dass neue TLDs kommen werden”, meint Richard Wein, Geschäftsführer bei nic.at. Allerdings bestünden noch viele Unklarheiten, die auf dem Pariser Meeting der ICANN heiß diskutiert werden. “Offen ist beispielsweise, ob das System völlig offen wird, sodass wirklich jeder eine TLD beantragen kann”, meint Wein. Dazu laufe eine Grundsatzdiskussion, denkbar sei etwa, dass die Unterstützung einer größeren Community erforderlich ist. Was genau am Donnerstag beschlossen wird, ist Wein zufolge schwer einzuschätzen. “Das ist eine der offensten Entscheidungen, die ich in ICANN-Prozessen je erlebt habe”, meint er. Wahrscheinlich sei jedenfalls, dass eine Liberalisierung beschlossen wird, aber wohl eher in Form eines Prozessfahrplans denn einer fertigen Umsetzung.
Die Kosten der Registrierung der neuen Domains sind ebenfalls ein Punkt, der noch ungeklärt ist. Dass für eine Städte-Domain wie .nyc, eine Business-Domain wie .ebay oder einen Spaß wie .fun tief in die Tasche gegriffen werden muss, ist jedoch wahrscheinlich. “Heute sind Zahlen bis zu 250.000 Dollar gefallen”, so Wein. Und das sei nur für den Domain-Antrag selbst. Der Aufbau einer entsprechenden Registry ohne Outsourcing würde seiner Ansicht nach ein bis 2 Millionen Euro erfordern. Einige neue TLDs dürften trotz solcher Hürden schnell umgesetzt werden, sobald die Möglichkeit besteht. Der Kostenfaktor könnte aber gerade andere lokale Domains mit geringem tatsächlichem User-Bedarf verhindern, vermutet Wein.
Internationalisierte Domainnamen (IDNs) in Schriften wie Kyrillisch, Arabisch, Chinesisch oder Hindi sind ein weiteres Thema des Meetings. Ihre Umsetzung gilt unter Experten als sicher. “Da machen schon Staaten, wie beispielsweise China oder Russland, enormen Druck”, erklärt Wein. Diesem Druck dürfte die ICANN zumindest teilweise nachgeben. Ein zu Beginn des Pariser Meetings veröffentlichter Entwurf schlägt jedenfalls ein zweigleisiges Vorgehen vor. Im Rahmen eines Fasttrack-Prozesses könnte demnach eine begrenzte Zahl an länderspezifischen TLDs in der jeweiligen Landessprache umgesetzt werden, während gleichzeitig eine allgemeine, langfristige Policy für IDNs erarbeitet wird.