Berliner Polizei überwacht eine Million Telefonate
Die Polizei der Hauptstadt hat im Jahr 2007 die Telefone von über 1100 Berliner Bürgern angezapft. Nach Angaben der Justizverwaltung wurden dabei fast eine Million Telefongespräche abgehört.
Im Vergleich zum Jahr 2006, in dem 540 Berliner von derartigen Abhöraktivitäten betroffen waren, ist dies ein deutlicher Anstieg. Wie die Berliner Morgenpost berichtete, wurde ein Großteil der Anschlüsse bis zu vier Wochen lang abgehört, zwei davon über die Dauer von zehn Monaten. In einem Fall hörte die Polizei sogar 14 Monate lang mit.
Aus Anwaltskreisen wird die Zunahme der Abhöraktionen kritisiert. Der Anfangsverdacht, der einen Bürger in das Fadenkreuz der Fahnder bringt, sei vielfach zu gering. Als Konsequenz könne die Überwachung beinahe jeden Bewohner der Hauptstadt treffen, stellen Vertreter der Anwaltschaft fest. “Es reicht inzwischen schon ein ganz geringer Anfangsverdacht, um grundrechtswidrig in die Privatsphäre einzudringen”, kritisierte Peter Zuriel, Vorsitzender der Vereinigung Berliner Strafverteidiger, gegenüber der Berliner Morgenpost.
“Ich kann Herrn Zuriel in seiner Kritik nur zustimmen”, sagte Nicole Friedrich, Fachanwältin für Strafrecht und Vorstandsmitglied der Vereinigung Berliner Strafverteidiger. “Der zu niedrige Anfangsverdacht ist in diesem Zusammenhang ein grundsätzliches Problem.” Die Ermittlungsrichter hätten in Berlin mit einer Unmenge derartiger Verfahren zu kämpfen. “Die Richter sind hoffnungslos überlastet. Sie sind nicht in der Lage, jeden Antrag genau zu überprüfen”, so Friedrich. Als Resultat werde ein Verdacht in aller Regel einfach bestätigt und eine Abhöraktion der Polizei somit genehmigt.
“Die gesetzlichen Regelungen für eine polizeiliche Telefonüberwachung sind in Paragraf 100a und 100b der Strafprozessordnung festgelegt”, sagte Friedrich. Demnach darf ohne das Wissen des Eigentümers das Telefon abgehört werden, wenn der Verdacht einer erheblichen Straftat besteht. “Voraussetzung für eine Überwachung ist aber, dass die Tatsachen diesen Verdacht ausreichend begründen”, ergänzte Friedrich.
Das Gesetz listet insgesamt 20 Tatbestände auf, nach denen abgehört werden darf, darunter Friedens- und Hochverrat, Geldwäsche, Sexualstraftaten, Hehlerei, Mord und Totschlag. Plänen des Bundesinnenministeriums zufolge soll die Telefonüberwachung zur Bekämpfung des Terrorismus bald vereinfacht werden.