Millionen von deutschen Datensätzen im Handel
17.000 Datensätze verhökert – die Meldung aus der vergangenen Woche war kaum der Rede wert. Der Callcenter-Mitarbeiter Detlef Tiegel hatte eine CD mit den Adressen und Kontoverbindungen an die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein weitergegeben. Doch mittlerweile steht fest: Das war nur die Spitze des Eisberges.
In Zeiten, da britische Beamte CDs mit Bürgerdaten einfach in der U-Bahn liegen lassen, war das Dealen von wenigen Tausend Daten kaum eine Nachricht. Doch nun wird klar: Millionen Datensätze sind im Handel, es könnte auch Ihre Kontonummer darunter sein. Ja, mittlerweile scheint es sogar sicher zu sein, dass auch die ganz eigene Bankverbindung verkäuflich ist. Der kleine Aufreger hat sich zu einem handfesten Skandal ausgeweitet, der jeden etwas angeht.
“Es gibt in Deutschland einen schwunghaften illegalen Handel mit Verbraucherdaten”, zitiert die Welt Gerd Billen, Vorsitzender des Bundesverbandes der Verbraucherschutzzentralen (VZBV), Millionen Bürger seien die Opfer. Billen machte die Probe aufs Exempel und leierte am vergangenen Freitag ein Scheingeschäft an. Seine Mitarbeiter konnten innerhalb von zwei Tagen 6 Millionen Datensätze von Bundesbürgern für lediglich 850 Euro kaufen. Ein Datensatz besteht aus Name, Adresse, Telefonnummer und bei 4 der 6 Millionen auch aus Kontoverbindungen. Die Angaben waren auf zwei CDs gebrannt – und wurden gestern dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar übergeben.
“Daten sind heute eine Handelsware mit erheblichem wirtschaftlichem Wert”, sagt dieser. “Aber die gesetzlichen Vorschriften reichen nicht mehr aus, ihren Missbrauch zu verhindern und zu sanktionieren.”
Bereits im Oktober vergangenen Jahres berichtete silicon.de, dass Kriminelle, die sich als Callcenter-Mitarbeiter ausgeben, beziehungsweise Mitarbeiter, die während ihrer Anstellung zu Kriminellen werden, die größte Gefahr für Kundedaten darstellen. Das ergab damals eine interne Untersuchung des Finanzdienstleisters JP Morgan Chase. Das berüchtigte Phishing sei dagegen ein marginales Problem.
Identitätsdiebstahl ist die am schnellsten wachsende Form des Online-Betrugs. Der Handel mit gestohlenen Kundendaten im Internet ist mittlerweile zu einem florierenden Geschäft geworden.