Millionen von deutschen Datensätzen im Handel

17.000 Datensätze verhökert – die Meldung aus der vergangenen Woche war kaum der Rede wert. Der Callcenter-Mitarbeiter Detlef Tiegel hatte eine CD mit den Adressen und Kontoverbindungen an die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein weitergegeben. Doch mittlerweile steht fest: Das war nur die Spitze des Eisberges.

Die in Schleswig-Holstein aufgetauchten Daten stammen von Personen, die bei Lotteriegesellschaften Lose gekauft, Zeitungs- oder Zeitschriftenabonnements abgeschlossen oder an Gewinnspielen und Umfragen im Internet teilgenommen hatten. Nun ja, ist der gebildete silicon.de-Leser geneigt zu sagen, das ist eine Klientel, der ich nicht angehöre. Betrifft der Daten-Gau also nur eher gering qualifizierte Bevölkerungsschichten, die ihrem Glück mit Losen und Gewinnspielen auf die Sprünge helfen wollen?

Nein, offenkundig nicht. Denn der ehemalige Callcenter-Mitarbeiter Tiegel bezeichnete die 17.000 Datensätze. Als “Kostprobe”. Er habe Zugriff auf rund 1,5 Millionen Kundendaten. Zudem tauchte beim Landesamt für Datenschutz in Kiel gestern eine neue CD mit weiteren 130.000 Datensätzen auf. Richtig dicke kommt es aber laut einem Bericht der NDR/WDR-Sendung “Kriminalreport”: Demnach hat sich ein Callcenter in Bremerhaven Zugriff auf Datenbanken der Telekom verschafft – und die dort gespeicherten Daten weiterverkauft. Es handle sich um 30 Millionen Kunden – es könnte also jeden treffen.

Was ist also zu tun? Gestern meldeten sich in Berlin Verbraucher- und Datenschützer sowie der Bund Deutscher Kriminalbeamter zu Wort. Sie forderten von der Bundesregierung schärferen Gesetze. Es müsse ein generelles Verbot für den gewerblichen Datenhandel ohne Einwilligung der Bürger geben – und dies müsse mit hohen Bußgeldern sanktioniert werden. Bundesdatenschützer Schaar verlangte zudem, dass eine Einwilligung zur Weitergabe von Daten in Zukunft nicht mehr im Kleingedruckten der allgemeinen Geschäftsbedingungen auftauchen darf. Telefonisch abgeschlossene Verträge sollten zudem erst nach einer schriftlichen Bestätigung ihre Gültigkeit erlangen. Weitere Forderung: Der Datenschutz müsse ins Grundgesetz. Dies ist übrigens ein altes Anliegen der Grünen.