Schnelle Nummer gegen Kummer: Berlin testet einheitlichen Zugang zu Behörden
Der Gang aufs Amt inklusive langer Wartezeiten ist nicht mehr zeitgemäß. Das hat auch die Bundesregierung erkannt, die dem zentralen Behördenruf 115 deshalb eine herausragende Rolle in ihrer E-Government-Strategie zugewiesen hat. Zielsetzung und Inhalt des Projektes D115 ist es, den Bürgern und Unternehmen einen einfachen Zugang zu den Verwaltungsleistungen zu ermöglichen – egal auf welcher Ebene. Dazu – so der Plan – werden die vorhandenen Servicezentren von Bund, Ländern und Kommunen schrittweise “intelligent miteinander vernetzt”.
Nachdem diese komplexe Struktur des “Berlin Telefon” erarbeitet worden war, ging es um die technische Realisierung. Den Zuschlag erhielt schließlich im Rahmen einer Ausschreibung Siemens Enterprise Communications. Entscheidend dafür war dabei auch, dass die vorgeschlagene Kommunikationsplattform HiPath 4000 den Anschluss der dezentralen Auskunftsplätze in den Back Offices über das vorhandene Datennetz per Voice over IP (VoIP) ermöglicht. “Telefonie und Telekommunikation wachsen immer mehr zusammen, das erlaubt viele interessante neue Unified-Communications-Anwendungen”, unterstreicht Alexander von Erdmannsdorff, Head of International Government Solution Business bei Siemens Enterprise Communications. So können zum Beispiel die Kontaktdaten und Fragen des Bürgers bei seinem Anruf im Front Office direkt in einer Maske am PC erfasst werden. Mit der Weiterleitung des Gesprächs in das Back Office werden diese Informationen parallel dorthin übermittelt. Dadurch muss der Anrufer dort sein Anliegen nicht noch einmal komplett vortragen, sondern das Gespräch kann direkt fortgesetzt werden.
Möglich macht das eine spezielle Anwendung für das Customer Relationship Management (CRM). “Wir haben dieses Ticket-System in unsere Lösung integriert, um den gesamten Ablauf zu beschleunigen und nachvollziehbar zu machen”, erläutert von Erdmannsdorff. Können die Mitarbeiter im Front Office die gewünschte Auskunft nicht selbst geben, eröffnen sie durch das Ausfüllen des elektronischen Formulars ein so genanntes “Ticket”. Damit lassen sich nicht nur die bereits erfassten Informationen ohne Medienbruch zur Weiterbearbeitung verschicken, sondern der Vorgang wird am Bildschirm des zuständigen Mitarbeiters im Backoffice auch so lange automatisch auf Wiedervorlage gesetzt, bis er endgültig abgeschlossen ist. “Damit sind wir erstmals in der Lage, den Bürgern einen zeitnahen Rückruf anbieten zu können, wenn sich eine Frage nicht sofort klären lässt”, so Konrad Kandziora.
Im Front Office, in dem heute insgesamt knapp 100 Mitarbeiter zeitversetzt tätig sind, sorgt die Contact-Center-Software HiPath Pro Center dafür, dass ankommende Gespräche zum richtigen Ansprechpartner gelangen. Dabei sind die Agenten in Gruppen eingeteilt, die jeweils für bestimmte Behörden zuständig sind und sich dort besonders gut auskennen. Ruft also ein Bürger aus Friedrichshain die Nummer seines Bezirksamtes an, um eine Auskunft zu erhalten, wird das Gespräch zunächst auf dem First Level in die zuständige Gruppe der Telefonzentrale geroutet und dort innerhalb von 30 Sekunden durch einen freien Agenten angenommen. Über die Einwahlnummer 900 kommen dagegen die unspezifischen Anrufe, die dann nach bestimmten Regeln von der ACD-Software (Automatic Call Distribution) auf die verfügbaren Mitarbeiter verteilt werden.
Da eine manuelle Vermittlung von Gesprächen innerhalb des Call Centers möglich ist, lassen sich auch spezielle Sprachwünsche erfüllen. Dazu wird der fremdsprachige Anrufer nach dem Erstkontakt per Mausklick mit einem Agenten verbunden, der die entsprechende Sprache beherrscht. Englisch ist dabei in der Regel kein Problem, während Gespräche auf Türkisch und Russisch – in Berlin ebenfalls sehr verbreitet – nur dann direkt in der Muttersprache geführt werden können, wenn gerade ein entsprechend sprachkundiger Mitarbeiter Dienst hat. “Technisch ist das alles sehr einfach lösbar, aber wir brauchen dazu genügend Personal”, sagt Kandziora.