Die beiden Paradoxa der SOA-Finanzierung

Das Paradoxon der übermäßigen Projektfinanzierung

In vielen Organisationen funktioniert die Mittelvergabe für IT-Projekte so: Hier ist das Geld, mach was draus. Jetzt, sofort.

Die Nachfrage nach IT-Projekten kommt aus den Abteilungen des Unternehmens, und die Mittelvergabe erfolgt ebenfalls durch diese Abteilungen. Shadow IT – also IT-Lösungen, die selbsttätig und kreativ in den IT-Abteilungen initiiert werden, ohne in die üblichen Controlling-Abläufe eines Unternehmens eingebunden zu sein – rückt zyklisch immer wieder in den Vordergrund, um dann aber wieder aus dem Blickfeld zu verschwinden, je nachdem, welche Seite dieses Widerspruchs sie zu bedienen hat. Auf dem Höhepunkt eines Zyklus können CIOs und CTOs einen Beitrag leisten, indem sie in den IT-Prozess Aspekte des Portfolio-Managements und der Unternehmensarchitektur einführen. In der Talsohle des Zyklus sehen CIOs eher aus wie reine Sammelstellen für Wünsche, die wenig Einfluss auf den Prozess der Nachfrage und Bereitstellung von IT-Mitteln haben.

Die wahre Lösung dieser Spannung liegt in der Transformation entlang einer Reihe von Koordinaten, darunter in den Bereichen Anreize, Rechnungswesen, Controlling und Unternehmenskultur. Viele Abteilungen fühlen sich heute immer noch unwohl dabei, wenn sie gebeten werden, eines der folgenden Dinge zu tun:

  • sich wie ein Dienstleister für das Unternehmen zu verhalten
  • sich auf Dienste zu verlassen, die von anderen Abteilungen bereitgestellt werden
  • Mittel zur Verbesserung von Infrastruktur, Architektur oder Fortbildung bereitzustellen
  • oder zu akzeptieren, dass die Entwicklung wiederverwendbarer Dienste mehr Zeit in Anspruch nimmt und intensivere Zusammenarbeit erfordert als die Erstellung ausschließlich auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittener Anwendungen.

Tatsächlich ist es oft unrealistisch zu erwarten, dass sich Abteilungen anders verhalten, wenn man die Metriken und die damit verbundenen Anreize betrachtet, welche dieses Verhalten steuern und unterstützen. Auf der Catalyst Conference Europe werden wir die Ergebnisse eines vor kurzem beendeten Forschungsprojekts der Burton Group zur SOA-Problematik diskutieren. Im Rahmen dieses Projekts brachte ein Kunde das Problem prägnant auf den Punkt:

Altruismus ist keine effektive Unternehmensstrategie.

Die Anreize in einer Organisation müssen so gestaltet sein, dass sie die Dienste-Bereitstellung, die Dienste-Mehrfachverwendung und die Unterstützung einer gemeinsamen Infrastruktur fördern. Zudem müssen noch andere Änderungen erfolgen, um dieser Strategie zum Erfolg zu verhelfen. So muss beispielsweise im Rechnungs- und Finanzwesen die erforderliche Flexibilität vorhanden sein, damit eine gemeinsam genutzte Infrastruktur, eine Dienste-Entwicklung, neue Controlling-Mechanismen und betriebliche Strategien zur Steuerung der gegenseitigen Abhängigkeiten im Unternehmenssystem finanziert und Belastungen verteilt werden können.

Oftmals heißt das, dass ein Unternehmen grundsätzlich umstrukturiert werden muss, um eine horizontale Funktionalität zu erreichen. Spätestens jetzt bereuen Sie, diesen schlafenden Hund geweckt zu haben, nicht? Eigentlich wollten Sie nur eine SOA-Initiative finanzieren, und jetzt sind Sie dabei, das Unternehmen umzubauen.

Das ist auch der Grund, warum die Unterstützung der Geschäftsleitung ein wesentlicher Faktor für den Erfolg aller SOA-Initiativen unserer Kunden ist.

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Silicon-Redaktion

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  • SOA ist langfristig zu sehen ...
    ... und benötigt trotzdem schnelle Erfolge um akzeptiert zu werden und die weitere Entwicklung und Finanzierung der SOA-Strategie sicherzustellen. Hier ist Kreativität und gute Kommunikation zwischen der IT und den anderen Geschäftsbereichen angesagt.

    Wichtig sind hierbei auch Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und langfristige Beständigkeit der geschaffenen Architektur und der in ihr realisierten Services. Nach den ersten Fingerübungen (z.B. einheitliche Stammdatenverwaltung für verschiedene Anwendungssysteme) geht es dann ans Eingemachte, wenn echte Geschäftstransaktionen in einem SOA-Umfeld abgewickelt werden und die temporäre Nichtverfügbarkeit eines Dienstes komplexe Wertschöpfungsketten lahmlegt.

    Diese Aspekte werden in der derzeitigen SOA-Diskussion noch stark vernachlässigt, weil diese hauptsächlich von Entwicklern und anderen Elfenbeinturmbewohnern geprägt ist - während diejenigen die später für eine reibungslose Produktion geradestehen müssen oft außen vor bleiben. Letztere haben für solche Diskussionen oft auch keine Zeit, weil sie mit dem Betrieb komplexer Serverfarmen mehr als genug ausgelastet sind ...

    Ein guter Ansatz für mehr Stabilität in Punkto SOA wäre die Einführung einer zentralen Komponente (SOA Hub) über welche die einzelnen Dienste koordiniert werden. Dieser Hub könnte dann auch via Stand-In Processing einspringen, wenn einzelne Dienste mal nicht verfügbar sind. Klar ist aber auch, dass an einen solchen Hub hohe Anforderungen bezüglich Datenintegrität und Verfügbarkeit zu stellen sind. Billige PC-Technologie wird hier kaum ausreichen.

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