Offshoring 2.0: It’s coming home

Die Ausgangssituation für das Angebot von Near- und Offshore-IT-Services auf dem deutschen Markt könnte derzeit kaum besser sein. Fachkräftemangel und Kostendruck sind geflügelte Worte in den IT-Organisationen deutscher Unternehmen. Und die Preisunterschiede sind trotz steigender Löhne in Offshore-Regionen wie Indien immer noch gewaltig.

Man kann darüber streiten, ob und inwieweit eine Online-Befragung unter 24.000 Teilnehmern weltweit, die in irgendeiner Art in Outsourcing-Prozessen involviert sind, tatsächlich für eine verlässliche Messung der Kundenzufriedenheit taugt. In jedem Fall deuten die Ergebnisse des ‘Black Book of Outsourcing’ und das darauf folgende Presseecho auf ein wichtiges Problem hin: Offshoring nach dem Motto ‘alles raus nach Indien’ funktioniert nicht – und hierzulande schon gar nicht. Dass sich die deutschen Unternehmen einen Provider wünschen, der in Deutschland präsent ist und deutsche Mitarbeiter vor Ort beschäftigt, hat weniger mit Deutschtümelei als vielmehr mit wirtschaftlichem Kalkül zu tun.

So wurden die Unterschiede in Kultur und Sprache bislang zwar häufig thematisiert, aber die damit verbundenen Probleme letztlich meist doch unterschätzt. Auf der einen Seite propagieren die Provider intensiv die wachsende Bedeutung der IT für die Prozessgestaltung im Unternehmen. Auf der anderen Seite sollen die Mitarbeiter der deutschen Kunden ihre IT-Probleme dem Service Desk in Mumbai oder Bratislava in einer für sie ungewohnten Sprache schildern. Da passt etwas nicht zusammen.

Die Inder zögern

Die Befragungsresultate von Berlecon im Rahmen der Marktanalyse Near- und Offshore-IT Services 2008 deuten an, dass dieses Problem mittlerweile erkannt wurde. So stellte der Großteil der von Berlecon befragten Anbieter fest, dass man mit Preisvorteilen allein auf dem deutschen Markt keinen Blumentopf gewinnen kann. Stattdessen gewinnen aus Sicht der Provider Servicequalität, Branchen- und Prozesskompetenz sowie auch die lokale Präsenz beim Ringen um das Vertrauen deutscher Kunden an Bedeutung. Konsequenterweise planen die meisten der von Berlecon befragten Global-Sourcing-Anbieter, ihr Personal sowie die Marketing- und Vertriebsausgaben in Deutschland aufzustocken und Partnerschaften mit lokalen Akteuren zu schließen.

Abzuwarten bleibt, ob diese Ein- und Absichten tatsächlich auch in Taten münden. Denn vollmundige Ankündigungen großer indischer und osteuropäischer Anbieter, den deutschen Markt stärker ins Visier zu nehmen, hat es in der Vergangenheit genug gegeben. Die angekündigten großen Würfe blieben jedoch bislang aus.