Interview: Linux-Netbooks verkaufen sich schlecht
silicon.de hat mit dem Acer Deutschlandchef Stefan Engel über die Entwicklung des Netbook- und Computermarktes gesprochen. Im Mittelpunkt der Konversation stand das Netbook Acer Asprire One, das sich am besten mit Windows XP verkauft.
silicon.de: Der Verkauf von Personal Computern erreicht im Jahr 2008 dank eines Absatzbooms bei mobilen Geräten ein Rekordhoch. Daher hat momentan jeder Hersteller etwas zum Thema Netbook beizutragen. Sie haben das Acer ‘Aspire one’ Anfang August auf den Markt gebracht. Können Sie schon etwas zu den Verkaufszahlen sagen? Wie verteilt sich der Absatz auf die Windows- und die Linux-Variante?
Engel: Wir waren sehr optimistisch, als wir das Aspire one auf den Markt gebracht haben, und die Verkaufszahlen in der XP-Version sind richtig beeindruckend. Allerdings hatten wir die Abverkäufe der Linux-Variante optimistischer eingeschätzt. Erwartet hatten wir einen 50 zu 50 Split der Linux- und XP-Variante. Tatsächlich liegen aber die Geräte mit Microsoft-Betriebssytem deutlich vorne. Ich denke und hoffe, dass sich das im Laufe der nächsten ein, zwei Jahre relativieren wird. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass die User das Netbook als neue Produktkategorie erst noch akzeptieren und begreifen müssen. Der eigentliche Anwendungsbereich eines Netbooks ist nicht deckungsgleich mit dem eines Notebooks. Das haben leider auch viele Verkäufer noch nicht so ganz verstanden. Wenn ich in einen Laden gehe oder auch online irgendwo ein Netbook als “Notebook” annonciert sehe, dann sehe ich rot. Dann wird letztendlich den Kunden etwas vorgegaukelt, was es nicht ist. Momentan befürchte ich, dass ein Teil der Anwender, die die XP-Variante kaufen, auch der Meinung sind, sie würden ein Notebook erwerben, aber das ist es einfach nicht. Ein Netbook ist ein perfektes Arbeitsgerät, um im Internet zu arbeiten. Es ist aber nichts, wenn man beispielsweise seine Diplomarbeit schreiben oder eine hundertseitige Präsentation erstellen will. Für normale Online-Anwendungen reicht jedoch die Linux-Version völlig aus. Von daher erwarte ich, dass sich mittelfristig die Verkaufszahlen doch in Richtung Linux verschieben werden.
silicon.de: Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass die XP-Variante des ‘Aspire one’ viel besser beim Kunden ankommt?
Engel: Ein Argument ist, dass der Kunde Microsofts XP kennt, Linux oft nicht. Teilweise hat der Kunde zwar schon von Linux gehört, verbindet aber das Betriebssystem fast immer mit einem gewissen Spezialisten-Hintergrund, weil, aus seiner Sicht, sich eher Programmierer und Bastler damit beschäftigen. In der Hinsicht muss einfach noch ein bisschen Aufklärungsarbeit geleistet werden.
silicon.de: Was will Acer konkret dafür tun, dass sich die Proportionen verschieben? Linux als Betriebssystem zurückziehen?
Engel: Nein, zurückziehen werden wir Linux nicht, im Gegenteil. Ich glaube, dass, langfristig gesehen, Linux seinen Platz erobern wird. Für die Anwendungen, die man mit einem Netbook statt einem Notebook macht, ist Linux momentan das ideale Betriebssystem. Wir bieten XP nur deshalb als Betriebssystem auf unseren Aspire one an, weil es kein geeignetes Vista Home für das Netbook gibt. Und auch XP ist nicht optimal für diese Produktgruppe – und das weiß auch Microsoft. Ich gehe davon aus, dass Linux sich durchsetzen wird, und wir werden es auch propagieren. Ich denke, die Zeit wird das auch in die Köpfe bringen.