Mozilla-Chef lobt Google
Im Interview in Berlin gesteht Mozilla-CEO John Lilly, dass ihm der Google-Browser Chrome das Leben schwer macht. Auch sonst ist er nicht so gut auf die Suchmaschine zu sprechen.
Frage: Besteht aus Ihrer Sicht nicht die Gefahr, dass mit der Dominanz Googles bei webbasierten Diensten ein ähnliches Monopol entsteht, wie wir es im Software- und Browserbereich von Microsoft gewohnt waren.
Lilly: Diese Bedenken werden von vielen Branchenbeobachtern und Medien immer wieder geäußert. Ungeachtet dessen hat Google unbestritten dazu beigetragen, die Welt und vor allem das Internet zu einem besseren Ort zu machen. Dass ein IT-Unternehmen einen neuen Browser komplett Open Source entwickelt, zeigt wie weit wir bereits gekommen sind.
Frage: Inwiefern unterscheidet sich Googles Browser von Firefox?
Lilly: Die Philosophie ist eine gänzlich andere. Während bei Chrome das User-Interface komplett in den Hintergrund rückt und alles minimalistisch gehalten ist, sehen wir das Interface mit all den Gestaltungs- und Erweiterungsmöglichkeiten als zentrales Element. Das ist das, was deinen personalisierten Browser ausmacht und nur dir gehört: Die Bookmarks, der Verlauf, die Add-ons, die privaten Daten.
Frage: Hat Sie der Erfolg von Mozilla und Firefox in den USA überrascht? Ideologisch motivierten Enthusiasmus schreibt man ja sonst eher den Europäern zu.
Lilly: Europäer besitzen ein stärkeres Wertebewusstsein, wenn es um die Beurteilung von Unternehmen oder Produkten geht. Das sieht man auch in der Lebensmittelbranche, etwa bei der Popularität von Bio- oder Fair-Trade-Gütern. Im höheren Marktanteil von Firefox in Europa spiegelt sich dieses Denken als Reaktion auf das Internet-Explorer-Monopol ebenfalls wider. Den Amerikanern hingegen geht es eher um das Produkt selbst. Die wollen den Browser haben, der ihren Ansprüche am ehesten gerecht wird.
Frage: Wie hat Mozilla das explosionsartige Wachstum des Firefox-Projekts verkraftet. War die Vernachlässigung und schließliche Neuorganisation der Mail-Client-Entwicklung der Preis für den schnellen Browser-Erfolg?
Lilly: Das Thema E-Mail muss im Zusammenhang mit anderen Kommunikationsformen wie Instant Messaging, Blogging, SMS, Skype aber auch Facebook betrachtet werden. Ich glaube, da wird es in Zukunft eine übergreifende Lösung geben müssen. Auch die Popularität von Webmail-Diensten wirft natürlich Fragen nach der Zukunft eines Desktop-Mailprogramms wie Thunderbird auf.
Frage: Und wie sieht diese Zukunft Ihrer Meinung nach aus?
Lilly: Dass Mozilla öffentlich zugegeben hat, dass uns der Weg nicht ganz klar ist, mag für viele schockierend gewesen sein. Das wäre aus dem Mund von Steve Jobs oder Steve Ballmer natürlich undenkbar. Mit der neuen Unterorganisation Mozilla Messaging sind da aber die Weichen neu gestellt. Einerseits wird der Desktop-Client weiterentwickelt und um Kalender- und Suchfunktionen ergänzt. Anderseits wollen wir auch experimentellere Kommunikationsansätze, wie im Projekt Snowl dargelegt, einfließen lassen.