Die Halbleiterindustrie konnte selbst in den Wachstumsjahren 2006 und 2007 nur von der Produktionsseite her an der wirtschaftlichen Expansion Deutschlands partizipieren. Die nominalen Umsätze gingen um jeweils rund 4 Prozent zurück. Ursächlich dafür war der rasante Preisverfall der Produkte, eine der größten Herausforderungen für die Branche. Für das laufende Jahr war der Branchenverband ZVEI zuletzt zwar optimistischer, doch angesichts der schlechten Erwartungen für das kommende Jahr erscheint eine Verbesserung der Lage unrealistisch. Denn nun muss im Gegensatz zu den vergangenen beiden Jahren von einer rückläufigen Produktion ausgegangen werden.
In anderen Teilen der Welt – vor allem in Asien – lief die Branchenkonjunktur bis zuletzt weitaus dynamischer. Während die Branchenumsätze hierzulande in den letzten vier Jahren nur um insgesamt 5 Prozent zulegten, betrug das Wachstum im Raum Asien/Pazifik (ohne Japan) fast 42 Prozent. Dementsprechend vergrößerte sich der Anteil dieser Region am Weltmarkt für Halbleiter stetig. Im letzten Jahr wurde nahezu die Hälfte der weltweiten Umsätze in Asien erzielt. Auf die restlichen Industrieregionen – Amerika, Europa und Japan – entfallen die übrigen Anteile gleichmäßig.
Für den Standort Deutschland besteht nun aufgrund der auseinander laufenden Branchenkonjunktur mehr denn je die Gefahr, dass sich das Angebot analog zur Nachfrage noch stärker nach Osten verschiebt. Dort können sich die Unternehmen zwar nicht dem Preisverfall für Halbleiter entziehen. Ein Einbruch der Einfuhrpreise für Halbleiter, die noch tiefer fielen als die inländischen Preise, signalisiert jedoch bereits, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit des hiesigen Standorts anhaltend unter Druck gerät.
Worin bestehen Anreize für das Verlegen der Produktion nach Asien?
Erstens spricht die größere Nähe zum Hauptabsatzmarkt als wichtigstes Argument für eine Verlagerung der Kapazitäten. In Asien wurden im ersten Halbjahr diesen Jahres 86 Milliarden Dollar umgesetzt, in Europa und Amerika waren es nur jeweils 20 Milliarden Dollar. Der Ausblick für die Region ist weiterhin günstiger als für die westliche Welt. Ein wichtiger Grund dafür ist neben dem Nachholbedarf die demografische Entwicklung in Fernost, gerade im Vergleich zu Europa und insbesondere Deutschland.
Zweitens sind die Ausgaben für Bildung in vielen asiatischen Ländern im Vergleich zu Europa hoch. Während sich Unternehmen hier mit einem Engpass an Fachkräften konfrontiert sehen, glänzen Länder wie Südkorea und Taiwan, die sich außerdem frühzeitig gezielt auf die Elektrotechnik spezialisiert haben, mit einem reichen Angebot an qualifizierten Arbeitskräften. Diese können längst nicht nur für reine Montagearbeiten eingesetzt werden. Es ist wohl kein Zufall, dass der größte Auftragsfertiger der Welt in Taiwan sitzt. Und schon heute lagern westliche Unternehmen vereinzelt selbst F&E-Aufgaben nach Asien aus, wenn die eigenen Personalkapazitäten erschöpft sind.
Drittens wird häufig das Wechselkursargument angeführt. In Deutschland liegt die Exportquote bei elektronischen Bauelementen, der Obergruppe für Halbleiter, bei knapp 70 Prozent. Hinzu kommt, dass die Artikel in anderen Wirtschaftszweigen eingesetzt werden, die ihrerseits Produkte für den Export herstellen, wie etwa Autos. Bei einer derart großen Bedeutung des Außenhandels spielen Wechselkurse eine wichtige Rolle. Die Außenhandelsbedingungen entwickeln sich in der Tat in Asien momentan günstiger. Asiatische Währungen, zum Beispiel der südkoreanische Won, werten im Zuge der Finanzkrise stark ab. Für Unternehmen ist es damit vorteilhaft, in diesen Währungen zu fakturieren und Exporte von Asien aus zu tätigen. Hier ist allerdings zwischen kurz- und langfristigen Effekten zu unterscheiden. Auf lange Sicht besteht bei vielen Währungen Asiens Aufwertungspotenzial. Wechselkurse können demnach nicht als Argument für ein langfristiges Engagement in Asien gelten.
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