“Wenn sich nichts an der Kultur des Arbeitsalltags und der Abläufe ändert, nützt die schönste Software nichts.” Er wirft den großen Projektberatern vor, dass sie die Softwarebedürfnisse zu schnell befriedigen und gar nicht an der wahre Ursache rühren. Sie gehen – seiner Ansicht nach – doppelt am Wesen der Sache vorbei: Zum einen wollen sie die mitgebrachte Software an den Mann bringen; zum anderen “machen sie das Projekt beim Kunden und gehen dann wieder”. Der Kunde ist so schlau wie zuvor. Streng, der bei großen Beratern Lehrgeld gezahlt hat, wollte es anders machen.
“Der Markt ist dominiert von Microsofts ‘ProjectPlace’-Suite, es gibt kaum unabhängige Berater”, kritisierte er. Das Werkzeug, das er grundsätzlich gelten lassen will, sei jedoch nicht für jedermann das Richtige. Es kann in einigen Fällen zu umfangreich sein. “Gerade wenn die Fehler im Bereich der Teams liegen, schadet es eine Software aufzupflanzen und auf Ergebnisse zu warten.” Besser sei, eine gründliche “Anamnese” des Projektes durchzuführen. Dabei müssen Berater und Kunde herausfinden, wo die relevanten Mitarbeiter sind und wo die Projekte genau stehen.
Und dann kommt der schwierige Teil: Kein Manager, kein Geschäftsführer gibt gerne zu, dass er brach liegende Großbaustellen im Haus hat, auf denen sich nichts bewegen darf, weil sonst noch mehr kaputt geht. “Meistens werden wir wegen “kleiner Schönheitskorrekturen” angesprochen und finden dann den ganzen Schaden.” Für die Sanierung gescheiterter Projekte gibt er einen Zeitraum von nur sechs bis acht Wochen vor. “Die meiste Zeit wird für die gründliche Analyse verwendet. Dann kann der Wagen wieder flott gemacht werden”, beschrieb Streng.
Dabei geht es ihm immer um “Hilfe zur Selbsthilfe”. “Die Schulung am konkreten Beispiel ist unser tägliches Brot.” So schult die Firma die Mitarbeiter des Kunden, aber auch die Manager. “Wenn sie das neue Denken und die neue Sprache nicht kennen, bricht das ganze Projektsystem zusammen – beispielsweise müssen viele Geschäftsführer ihre Scheu vor Begriffen wie ‘Risiko’ verlieren”, erklärte er. Projektmanagement wird ihm zufolge oft als “Allgemeinwissen” betrachtet, das jeder kann. Doch zeichnen die Schäden, mit denen er zu tun hat, ein anderes Bild. Als Faustregel kann er immerhin aufstellen: Nichts geht ohne kurze Zeitfenster für die Feinjustierung und ein starkes Projektbüro.
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Projektmanagement = Management von Instabilität
Organisationen haben eine starke Neigung, bestehende Stabilitäten zu erhalten. Das Stören dieser stabilen Zustände oder Gleichgewichte führt – zwangsläufig – zu einer Gegenreaktion der betroffenen Mitarbeiter.
Dass sich Führungskräfte darüber ärgern, ist zwar aus ihrer Perspektive nachvollziehbar, zeigt aber auch deren mangelnde Distanz in der Betrachtung ihres "Teams" und Interessen der Stakeholder.
Projekte scheitern nicht, weil ein Projektplanungstool nicht eingesetzt wird, sondern, weil die Werkzeuge des Projektmanagements "übergangen" werden. Auch ein schönes Gantt-Diagramm kann dann das Projekt nicht retten.Besonders kritisch ist die meist fehlende Anforderungserhebung. "Dafür haben wir keine Zeit...", entgegnen uns oft die Workshopteilnehmer. Auf die Frage, was denn die unvollständige Anforderungserhebung für Folgekosten erzeugt habe, konnte bisher keiner antworten, weil eine Aufzeichnung der Überstunden und Mehrarbeit nicht aufgezeichnet wurden.
Gerade mittelständische Unternehmen glauben mit unvollständiger Planung auszukommen und fühlen sich bestätigt, wenn "irgendwann" das Projekt auch mal beendet wurde. Die Folgekosten einer unvollständigen Planung wurden aber nicht ermittelt und sind schlichtweg unbekannt. Und was man nicht weiß, macht auch einen nicht heiß, oder?
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Barthel
http://www.barthel-partner.de