IBM will Sun wegen Java
IBM will nicht Sun Microsystems, sondern Java – und Solaris. Das ist die Meinung, die Analysten in den USA derzeit vertreten. Bisher waren die Konzerne gern als Rivalen um die besten Plätze im Servermarkt hervorgetreten. In Wirklichkeit soll es bei den Kaufabsichten IBMs für den Konzern aus Kalifornien nur um eins gehen: Software.
Noch haben beide Konzerne die Gespräche als reine Spekulation abgewiesen. Die Informationen, die das für gewöhnlich gut informierte Wall Street Journal vor wenigen Tagen verbreitete, enthalten jedoch verdächtig konkrete Angaben, etwa das Preisschild von etwa 6,5 Milliarden Dollar.
IBM hatte in der jüngsten Vergangenheit immer viel über die eigene Softwarestrategie gesprochen und die Hardwareseite nicht mehr so sehr beleuchtet. Sun hat bereits von Anfang an Innovationen im Hardware- wie auch im Softwarebereich auf den Markt gebracht. Der Konzern aus Kalifornien besitzt auch nach Einigungsverhandlungen mit Konzernen wie Microsoft noch immer die vollen Rechte an den Herzstücken der Programmiersprache Java. Mit ihr werden große Teile des Internets “geschrieben”. Auf Öffnungsversuche, wie sie die Open-Source-Befürworter seit Jahren fordern, reagierte der ehemalige CEO von Sun, Scott McNealy jedoch mit Abwehr. Erst unter der Regentschaft von Jonathan Schwartz im Chefsessel von Sun hat sich an dieser Marschrichtung etwas geändert.
Sun und IBM hatten bereits Anfang der 90er Jahre einen Streit um die Offenheit von und die Rechte an Java. Dieser endete in Rechtekäufen und abgesteckten Grenzen: Seither vermarktet IBM seine eigenen Java-Codes mit Erfolg und bietet Zertifizierungen und Schulungen weltweit an. Branchenmagazine in den USA vermuten, dass Suns Java in die eigene Java-Abteilung von IBM und eventuell auch in die benachbarten ‘Rational’-Produkte einfließen könnte.
Sun besitzt aber daneben noch eigene Betriebssystemwelten, die den Konkurrenten ins Auge stechen: Solaris soll auf IBMs Speisekarte stehen und mit für das Interesse an den Westküstenprofis verantwortlich sein. IBM, der Gigant von der Ostküste, könnte mit dem Server-Betriebssystem in der IBM-Power-Architektur punkten. Ferner ist Sun bekannt für sein ausgewogenes Preis-Leistungsverhältnis bei Servern. Die Möglichkeit, Server mit verbilligter, aber guter Chiptechnologie zu bauen, würde den IBM-Kunden in der Krise sicher auch zupass kommen. Sollte der Deal scheitern, so ließ die Businessweek bereits zwei neue Namen fallen: Cisco und Hewlett-Packard sollen ebenso an Sun interessiert sein. Doch derzeit ist dies alles noch Spekulation.