Tape-Konvertierung gegen das virtuelle Vergessen

Es klingt fast schon wie eine Ironie des Schicksals, dass gerade diejenigen Formate und Medien, die eigentlich zu Langzeitaufbewahrung vorgesehen sind, oft schon nach wenigen Jahren ihre Informationen nicht mehr Preis geben, weil die entsprechenden Abspielgeräte nicht mehr vorhanden sind. Wer in diese Lagerhaltungsfalle tappt, der muss Unternehmen wie Kroll Ontrack dann viel Geld bezahlen, um alte Cartridges wieder auszulesen. Aber solche Probleme lassen sich mit einem kontinuierlichen Data Lifecycle Management in den Griff bekommen, erklärt Edmund Hilt, der als Managing Director von Kroll Ontrack verantwortlich ist für das Thema Datenkonvertierung. Kroll Ontrack konzentriert die Dienstleistungen auf das Thema Tape-Storage.

silicon.de: Herr Hilt, wie kommt es, dass Kroll Ontrack, ein Unternehmen, das man ja eigentlich aus dem Bereich Datenrettung kennt, sich jetzt für Datenkonvertierung bei Tape-Archiven engagiert?

Hilt: Wir machen für Bänder ja schon länger Datenrettung. Wir haben dann festgestellt, dass die Datenkonvertierung artverwandt ist mit der Datenrettung, und dass wir dafür bereits viele Tools haben. Und wir wissen auch von unseren Kunden, dass vor allem bei großen Kunden riesige Tape-Archive schlummern, mit denen die Unternehmen nichts mehr anfangen können. Die kommen dann wegen einer Datenrettung zu uns. Die Archive sind zum Teil über 18 Jahre alt. Oft gibt es die Systeme nicht mehr. Oder auch die die Backup-Software liegt nicht mehr vor, um die Daten physikalisch zurückzulesen. Und im schlimmsten Fall gibt es die Applikationen gar nicht mehr, um die Daten wieder sichtbar zu machen.

silicon.de: Warum hat sich Ihr Unternehmen ausgerechnet für ein derartig schwieriges Terrain entschieden?

Hilt: Der Markt für den Datenrettungsbereich verändert sich. Der Markt wird sensibel, was die Themen Datenhaltung und Datensicherheit betrifft. Außerdem wirkt der Gesetzgeber hier auch mit, so dass Daten bis zu zehn Jahren und mehr aufbewahrt werden müssen. Wir haben gesehen, dass es da eine Nische gibt, in der zum einen noch keiner sich wirklich im großen Umfang bewegt und zum andern sich auch keiner groß bewegen kann. Denn es fehlen einfach doch tiefgehende Kenntnisse über Hardware, Backup-Systeme und vor allem über die einzelnen Dateistrukturen.

silicon.de: Welche Probleme haben denn die Kunden, die ihre Beratungsdienste in Anspruch nehmen?

Hilt: Der einfachste Fall sieht so aus, dass ein Anwender sagt: “Ich brauche die Daten auf meinen Bändern eigentlich nicht, aber ich muss zumindest sicherstellen, dass ich sie weitere zehn Jahre lagern kann.” Das heißt, wir machen da eine physikalische 1:1-Kopie auf neue Medien und die können dann wieder eingelagert werden.

silicon.de: Hier geht es lediglich um die Rechtssicherheit?

Hilt: In diesem Beispiel – JA. Das ist für uns der einfachste Fall. Das bedeutet für den Anwender aber in diesem Beispiel die geringste Sicherheit, denn im Fall einer Prüfung reicht es nicht, dass man die Daten theoretisch abrufen könnte, sondern man muss die schon im Klartext bereitstellen. Es reicht nicht ein Band zeigen zu können. Der Prüfer muss einen Blick auf die Daten werfen können.

silicon.de: Das war, wie sie sagen der einfachste Fall, wie sieht denn eine schwierige Anforderung aus?

Hilt: Wir hatten vor einiger Zeit einen Fall, wo alte CAD-Zeichnungen hergestellt werden sollten, die wieder in ein neues System eingespielt werden mussten. Die damalige Applikation existierte auf den heutigen Rechensystemen nicht mehr. In so einem Fall geht es um das Thema Dateiformatkonvertierung. Das kann eine Datenbank sein, die ich von alten Formaten in z.B. ein SAP-System übertragen muss, das mag eine Konstruktionszeichnung sein, die aus einem alten Format in ein neues gewandelt werden muss. Wenn wir uns jetzt die beiden Extreme anschauen, dann kann da alles Mögliche dazwischen liegen.

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Silicon-Redaktion

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