Sun soll ja aufgekauft werden. – Von IBM. Ausgerechnet von IBM, einem Konzern, dessen letzte erwähnenswerte Innovation acht Jahre zurückliegt. Und selbst dabei handelte es sich eigentlich bloß um einen Spielzeug-Chip, den Cell-Prozessor.
Sun ist da anders. Eine Art Gnadenhof für Hochtechnologie. Man fühlt sich schon selber ganz alt und gebrechlich, wenn man daran denkt, was alles unter dem Dach von Sun gelandet ist.
Thinking Maschines beispielsweise. Das waren Supercomputer zu einer Zeit, als man jene noch Elektronengehirne nannte. Heute könnte man die auf einem Kern seines Laptop-Prozessors emulieren.
Oder Cray. – Na ja, dafür bräuchte man wohl schon zwei Kerne. So eine Emulation hat schließlich einen gewaltigen Overhead.
Immer lief es gleich ab: Eine neue Technik wurde entwickelt. Unsereins hat darüber geschrieben. Die Aufregung war groß, aber richtig Geld damit nicht zu machen – mit der Technik, mit dem Schreiben eh nicht.
Schließlich – nachdem sich die Aufregung gelegt hatte – kam die innovative, aber klamme Firma dann zu Sun, einem Unternehmen, das stets selbst über mehr Technologie als Geld verfügt hat. Und jedes Mal hatte man den Eindruck, dass dort respektvoll mit der neu erworbenen Technik umgegangen wurde.
Encore etwa gehört seit 1997 zu Sun. Zuvor hatte das Unternehmen mit der MHC (Multihost-Connectivity) seiner Speicher für Furore ge- und unsereins mit Schreibarbeit versorgt. Heute gibt’s solche Geräte für 100 Euro beim Discounter.
Über Storage Tek, seit 2005 bei Sun, wurde früher auch sehr viel geschrieben. Deren Disk-Arrays verfügten über eine so genannte Snapshot-Funktion. Die Gratis-Software, die dem Gerätchen vom Discouter beiliegt, hat sowas angeblich auch. – Wie die Zeit doch vergeht!
Hans Moravec hat in den 90ern des letzten Jahrhunderts anhand der Entwicklungslinie von Sun-Workstations und DEC-Minicomputern zu extrapolieren versucht, wann Rechner intelligenter sein würden als Menschen. Solche Berechnungen hat man früher angestellt!
Bezeichnend aber ist vor allem das Schicksal der beteiligten Rechner: Auch DEC landete schließlich zusammen mit Tandem auf einem technisch ambitionierter Gnadenhof, bei Compaq. Und der wurde dann wiederum von HP aufgekauft, einem Konzern, der vor allem mit Druckertinte Geld verdient.
Ja, da werden Erinnerungen wach. Zeiten waren das!
Moravec beschrieb damals in Mind Children, wie ein Roboter mit dem Verstand und dem Gemüt eines Menschen programmiert wird: “Schicht um Schicht wird das Gehirn zunächst simuliert und dann abgetragen. Schließlich ist Ihr Schädel leer… Ihr Geist ist einfach aus dem Gehirn in eine Maschine übertragen worden… Ihr plötzlich sich selbst überlassener Körper verfällt in Krämpfe und stirbt… Ihr Geist ist jetzt an den glänzenden, neuen Körper angeschlossen, dessen Form, Farbe und Material Sie selbst ausgesucht haben.”
Das durfte der Schreiber damals nicht im Radio bringen – aus Rücksicht auf die Kirchgänger unter den Hörern. – Die sind schon komisch, diese Kirchgänger, erzählen sie doch selber sehr viel schaurigere Geschichten. Ihr irdischer Vice-President hat jetzt erst wieder in Afrika behauptet, Spiritualität halte Körperflüssigkeiten besser zurück als Latex. Wenn’s einen da nicht gruselt!
Aber es stimmt schon: Man sollte Mind Children nicht gerade vorm Einschlafen lesen. Man könnte sonst leicht Albträume bekommen.
Nicht auszudenken, was einem als Software-Emulation alles an einem Patchday passieren könnte: Die Auto-Update-Funktion holt sich einen Programm-Flicken von Microsoft. Der funktioniert mal wieder nicht richtig, legt den Nervus facialis lahm – den, der für den Geschmackssinn zuständig ist – und bis zum zweiten Dienstag des nächsten Monats mag man dann weder Bier noch Schweinsbraten.
Oder man strengt seinen Verstand so richtig an und durchsucht sein Langzeitgedächtnis, ob einem nicht doch noch was von früher zu Sun einfällt. Und plötzlich stehen Adwords von Google am Rand der Ergebnisanzeige.
Der Vize der Unionsfraktion Wolfgang Bosbach hat diese Woche ja erklärt, man solle den Bundestrojaner auch für die Strafverfolgung einsetzen. Was wäre, wenn es diesem Mann gelänge, die amtliche Spyware per SQL-Injection in ein Software-Gehirn einzuschleusen? Das Falschparken von vor zehn Jahren, es bliebe nicht ungesühnt…
Ein Piepen ertönt. Das Alt+Ctrl+Del für den Albtraum. Der Wecker. Ein neuer Tag bricht an. Mal sehen, was für Hiobsbotschaften zu Sun der wieder bringt.
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Erinnerungen ... oder Ausblick ?
Ein schönes Sammelsurium an (teilweise nur vermeintlichen) Museumsstücken, die sich da in den "Gnadenhöfen" angesammelt haben - Thinking Machines, Cray, Encore etc. aber nicht alle dieser Beispiele handeln von Dahingeschieden ...
Aufgeführt wurde unter anderem auch Tandem. Dieser Name gehört natürlich der Vergangenheit an, die zugehörige Firma wurde 1997 von Compaq übernommen. Die dazugehörige NonStop-Technologie wurde jedoch stets weiterentwickelt und ist auf gut Neudeutsch "alive and kicking": Das proprietäre Guardian-Betriebssystem wurde durch ein offenes Betriebssystem (NonStop OS) ersetzt, die CPU's von Intel sind vom Feinsten, die Architektur ist voll virtualisiert, das System ist nicht nur ausfallsicher sondern auch virenfrei - und vor kurzem wurde das NonStop BladeSystem (ja, sogar dahin hat man es mittlerweile gebracht) zum "Server of the Year" gewählt ...
Wenn eine Technologie die ursprüngliche Firma um mehr als ein Dutzend Jahre überlebt, dann muß es dafür einen Grund geben: Diese Technologie wird offensichtlich gebraucht - und zuweilen leben Totgesagte recht lange ... (;-))
Innovationen bei IBM
Ja das ist wohl richtig, richtungsweisende Neuerungen in der Technik kann man bei IBM nicht erwarten. Ich vermute dort gibt es mehr Controller als Ingenieure. Auch die laufenden Entwicklungen werden nur schleppend nachgezogen. Auf diese Weise wird z/OS, für mich das beste Betriebssystem für Rechenzentrumsanwendungen, unattraktiv gemacht. So kam der Unix-Kernel zu spät und zu halbherzig und auch mit dem Rechner z10 EC bietet IBM erst zu einem Zeitpunkt wo weitgehend die Weichen gestellt sind eine Plattform für neue Applikationen zur Verfügung die sich performancemäßig nicht mehr hinter anderen Architekturen verstecken muss. Man hat den Eindruck IBM ruht sich auf den Entwicklungen der 60er / 70er Jahre aus; macht noch zu Geld was geht und verabschiedet sich zunehmends in Richtung Consulting. Der Host kennt die Virtualisierung schon seit 40 Jahren, in Hardware gegossen seit über 20 Jahren - Themen die auf anderen Plattformen so langsam ans Rollen kommen. Und die tun so als hätten sie das Rad neu erfunden. Aber der technologische Vorteil wird von IBM und den anderen Softwarehäusern heute noch überteuert verkauft und so sukzessive ein Kunde nach dem anderen aus dem z-Betrieb getrieben. Übrig bleiben einige wenige Großkunden.