Telekom gab Kundendaten für Rasterfahndung heraus

Wie die Frankfurter Rundschau in ihrer Ausgabe vom Mittwoch berichtet, erhielt das Bundeskriminalamt (BKA) “ohne ersichtliche Rechtsgrundlage Millionen von Kundendaten für groß angelegte Rasterfahndungen”. Das teilten gut informierte Konzernkreise der Zeitung mit.

Dabei sei es jedoch nicht um die Suche nach bestimmten Straftätern oder konkrete Gefahren gegangen, sondern vielmehr um eine umfassende Durchrasterung von nahezu allen Kunden-Datenbeständen der Telekom, berichten Zeugen. Es sei um die Suche nach so genannten Schläfern gegangen. Dafür wurden alle Datensätze nach bestimmten Kriterien durchforstet. Und die Deutsche Telekom tat noch mehr: Die Rasterung soll im Rechenzentrum der Telekom stattgefunden haben.

Führungskreise des Unternehmens sehen bis heute keine ausreichende Rechtsgrundlage für das heimliche Durchforsten von Millionen Kundendaten. Allerdings sei dem Staat nichts vorenthalten worden. Die Kreise berichteten weiter, dass Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz in der Vergangenheit bei der Deutschen Telekom ein und aus gegangen seien. Seinen Kunden teilt der Konzern dagegen folgendes mit: “Datenschutz und Datensicherheit für Kunden und Nutzer haben für die Deutsche Telekom konzernweit eine hohe Priorität.” So heißt es in den Richtlinien des Unternehmens. “Deshalb ist uns auch der Schutz personenbezogener Daten während aller Geschäftsprozesse sehr wichtig. Zum Schutz Ihrer bei uns vorgehaltenen personenbezogenen Daten vor unberechtigtem Zugriff und Missbrauch haben wir umfangreiche technische und betriebliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen.“

Wie es weiter hieß, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Rasterungen in wachsendem Ausmaß weitergehen. So ist die Rede davon, dass für die Herausgabe von Kontakten zu beliebigen ausländischen Handy-Nutzern an die Ermittler alle drei Monate sämtliche Millionen Kunden von T-Mobile komplett durchgerastert werden müssen. Hinzu kämen täglich tausende Abfragen von Verbindungsdaten, selbst wenn es nur um Straftaten mittlerer Schwere gehe.

Weiter wurde bekannt, dass aus der damaligen Rasterung etwa 32.000 Datensätze aus unterschiedlichen Quellen gesammelt und die Personen als potentiell terrorverdächtig gesondert abgespeichert wurden. Doch das Bundesverfassungsgericht erklärte 2006 die bundesweite Rasterfahndung nach “Schläfern” in der Zeit nach dem 11. September 2001 für verfassungswidrig. Die gerasterten Kunden wurden nicht informiert, mit hoher Wahrscheinlichkeit wissen auch die 32.000 Kunden nichts über die gesonderte Abspeicherung ihrer Daten beim BKA. Von der Deutschen Telekom liegt derzeit noch keine Stellungnahme vor.

Silicon-Redaktion

View Comments

  • Rentner
    Es ist immer wieder bemerkenswert, wie es sich gewisse Ämter & Behörden ungestraft Gesetze oder Urteile zu ignorieren. So wird Staatsverdrossenheit (bewußt?)gefördert. So langsam bekommt man wiedr Angst > nicht vor Terroristen, sondern vor dem Staat.

Recent Posts

Mehr Datenschutz in der Montage

Assistenzsysteme unterstützen Monteure bei der Arbeit. Zu oft zahlt man jedoch mit den eigenen Daten…

14 Stunden ago

Cyber Resilience Act: Countdown läuft

Hersteller werden stärker in die Pflicht genommen, den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte in den Blick…

15 Stunden ago

KI auf dem Prüfstand

LLMs besitzen einerseits innovative neue Fähigkeiten, stellen Unternehmen allerdings auch vor diverse Herausforderungen: ob EU…

2 Tagen ago

Rechenzentren: Deutschland verliert Anschluss

Server-Ausbau in den USA und China macht große Fortschritte, deutscher Weltmarktanteil sinkt. Lichtblicke in Frankfurt…

2 Tagen ago

KI steigert Nachfrage nach hybriden Workplace-Umgebungen

Der Markt für Workplace Services gerät in Bewegung. Das bestmögliche digitale Nutzererlebnis gilt als Schlüssel…

2 Tagen ago

Hagebau erreicht E-Mail-Sicherheit mit der NoSpamProxy Cloud

Schutz für 10.000 Postfächer über rund 200 Domains: Private-Stack-Variante kombiniert Vorteile einer Cloud-Lösung mit Sicherheit…

3 Tagen ago