Einer der aktuell beliebtesten Clips auf Youtube wiederum ist mit “Kopierpapier”, “Werbung” und “Lustig” getagged: Eine Büro-Schöne im kurzen Rock kniet auf den Kopierer, um an das Regal darüber heranzukommen, und dabei startet sie aus Versehen das Gerät – zur Freude ihres Kollegen am Auswurfschacht. Auf den Kopien, für deren Papier geworben wird, bietet sich ihm ein faszinierender Einblick.
Der Mann hat echt Spaß und – was noch viel wichtiger ist – die Betrachter aus der Zielgruppe ebenfalls. Das ist entscheidend, denn Spaß und Gags sind gut fürs Geschäft.
Die etwas dezentere Form der Verkaufsförderung schließlich ist das Lächeln. Wenn Werbefiguren nicht gerade komisch sein müssen, dann lächeln sie.
Allzu schwierig ist dies nicht, beherrschen es doch sogar – im Unterschied zum richtigen Lachen – bereits Halbaffen. Das “low grin” sei ursprünglich eine Angstgrimasse gewesen, sagen Entwicklungsbiologen. Wer lächelt, demonstriert seine Harmlosigkeit, bekommt er doch mit seinen weit zurückgezogenen Mundwinkeln das Maul nicht zum Zubeißen auf.
Und genauso harmlos sind die IPTV-Gucker vom Gebrauchsanleitungs-Cover. Echte Vorbilder halt im Sinne jeder Marketing-Abteilung. Denn solchen Frohnaturen kann man schließlich alles verkaufen.
Das ideale Umfeld für Werbespots sind deshalb auch Fernsehsendungen mit Comedians. Spaß pur.
Und aus eben diesem Grund ist der silicon.de-Wochenrückblick kein Spaß, sondern jedes Mal bitterer Ernst. Der Schreiber hält es nämlich mit dem Papst.
Nein, nicht mit dem Mann, der wäre er in Oberbayern geblieben und Schreiner geworden, sicherlich von jedem Sepp gerufen würde. So aber ist er in Rom und nennt sich seit knapp drei Jahren Benedikt mit einer zweistelligen Ordnungszahl dahinter.
Der andere ist gemeint, der Humorpapst, wie er von seinem beleidigten Ex-Kollege Mathias Richling bezeichnet worden ist: Dieter Hildebrandt. Das hat der Richling abwertend gemeint, aber trotzdem Recht gehabt: Wenn’s um Pointen geht, dann macht man keine Späßchen.
Und dafür steht Dieter Hildebrandt wie “ein Stein des Anstoßens und ein Fels des Ärgernisses” (1. Petrusbrief, Kapitel 2, Vers 8). Er ist deshalb ein würdiger irdischer Stellvertreter.
Von wem? – Na, von ihm. Dem Mann, der in klassischer Klarheit formuliert hat, was alle orthodoxen Satiriker, Kabarettisten und Glossen-Schreiber umtreibt: “Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein” (Kurt Tucholsky, Die Verteidigung des Vaterlandes, Die Weltbühne, 6. Oktober 1921, Seite 338).
Eine Glosse zu schreiben, ist das gerade Gegenteil davon, ein Witzchen zu reißen, allein schon weil man sich dazu auf einen Wettkampf einlassen muss, den man nur verlieren kann. Oder: “So ganz wird die Satire die Realität ja nie einholen”, wie der 1. Lehrsatz des politischen Kabaretts von Sigi Zimmerschied lautet.
Sowas ist nicht heiter. Und schon gar nicht unbeschwert.
Deshalb können auch nur Comedians sich mit Werbung ein bisschen was – oder besser: richtig viel – nebenher verdienen. Anständige Kabarettisten wären allenfalls in einem Spot für Psychopharmaka einsetzbar, zur Illustration der Nebenwirkungen.
Die Glosse, das ist die Gewalttat der Friedfertigen. Das scharfe Schwert, das auch jene Leute führen können, die ansonsten so ungeschickt sind, dass sie sich an der stumpfen Schneide eines Küchenmessers schwer verletzen würden.
Der Satiriker erkämpft sich das Lachen des Publikums mit seiner Verzweiflung. Der Comedian appelliert an dessen Debilität.
So, das hat jetzt sein müssen! Zwar hat den Schreiber mal wieder überhaupt niemand um seine Meinung gefragt. Aber es ist einem halt einfach ein Bedürfnis, Position zu beziehen im Humorstreit, der nun schon seit Wochen in den Feuilletons ausgetragen wird.
Und man fühlt sich gut dabei, tragisch, aber gut. Man hat sich als Parteigänger von Dieter Hildebrandt bekannt. Und es ist einem, als wandle man in der Nachfolge des großen Kurt Tucholsky.
Vielleicht liegt’s auch etwas an der Halben Helles, die man beim Franz in der Wirtschaft beim Sinnieren zu sich genommen hat, dieses leicht erhabene Gefühl von Bekennertum, Nachfolge und Tragik. Das lässt sich steigern: “No oine!”
Der Franz hat eine neue Bedienung. Jana heißt sie. Und die weiß noch nicht, dass der Schreiber immer zwei Halbe trinkt. Deshalb muss sie gerufen werden. Sie eilt herbei, stellt das Glas auf das Bierfilz’l und… sie lächelt.
Und was für ein Lächeln das ist! Whow!! – Nein, die Passage mit dem “low grin”, die stimmt so wohl doch nicht.
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