Deutsche IT schnuppert französische Luft
Die ‘Invest in France Agency’ ist eine Außenstelle der französischen Regierung, welche es deutschen Unternehmen erleichtert eine Niederlassung in Frankreich zu eröffnen. silicon.de war in Frankreich und hat deutsche IT-Unternehmen besucht.
So haben das Saarbrücker Softwarehaus IDS Scheer und der IuK-Experte T-Systems zwei Niederlassungen in Paris. Die Zusammenarbeit mit Deutschland spielt bei beiden Niederlassungen eine große Rolle. Dennoch sind die Geschäftsabläufe im Vergleich zu Deutschland ein wenig anders.
In Frankreich gibt es insgesamt 200 Niederlassungen von Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationsbranche. Nach Informationen der ‘Invest in France Agency’ sind in diesem Bereich 29.000 Mitarbeiter beschäftigt. Rund 100 Mitarbeiter arbeiten für die französische Niederlassung von IDS Scheer. Vor den Toren von Paris hat das Saarbrücker Software- und Beratungshaus mit Schwerpunkt auf Geschäftsprozessmanagement seine französische Niederlassung im Jahr 1998 eröffnet. Die weltweit anerkannte ARIS-Architektur – ein von Unternehmensgründer Prof. August-Wilhelm Scheer entwickeltes, umfassendes Rahmenwerk für das Geschäftsprozessmanagement – stellt die Grundlage aller heutigen IDS Scheer-Angebote dar.
Loic Boscher ist der Geschäftsführer von IDS Scheer Frankreich. Das Unternehmen hat rund 250 Kunden in Frankreich, darunter Air France, Total, Louis Vuitton, die Pariser Stadtverwaltung und die französische Sparkasse. Das französische Unternehmen hat zwei große Geschäftsbereiche – zum einen den Produktbereich und zum anderen das Consulting-Geschäft. Im Gespräch mit silicon.de erklärte Boscher, dass der französische Markt hart umkämpft sei.
Loic Boscher ist der Geschäftsführer von IDS Scheer in Frankreich.
Foto: silicon.de
Die Geschäftsabläufe in der Hauptzentrale in Saarbrücken sind in vielen Bereichen nicht identisch mit der französischen IDS Scheer-Niederlassung. Vieles beruht darauf, dass es die französische Niederlassung noch nicht so lange gibt. Vor allem sind die Prozesse und Leistungen insbesondere für den öffentlichen Sektor in Deutschland wesentlich fortschrittlicher. Frankreich hängt in diesem Bereich noch hinterher und hat dringenden Nachholbedarf. Die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem französischen IT-Markt sind eher branchenspezifisch. Boscher sagte, dass auch die Kooperation mit Deutschland viel einfacher sei als mit Nordeuropa und den angelsächsischen Ländern.
Die Kunden verhalten sich auch nicht immer zu 100 Prozent konform und die Investitionen sitzen nicht so locker. “Die Kunden überlegen sich genau, welche kurzfristigen Investitionen sie tätigen, um damit mittelfristig Erfolge zu erzielen”, erklärte Boscher.
Hinzu kommt auch der Druck aus der deutschen Zentrale. Im Produktbereich gibt es in Frankreich ein starkes Wachstum. Wohingegen das Consulting-Geschäft eher schwierig ist, da hier vor allem der Konkurrent SAP dominiert.
Auch hinsichtlich der Personalstruktur gibt es einige Unterschiede. IDS Scheer Deutschland baut Stellen ab, aber in Frankreich mangelt es eher an Personal. Die Ursache dafür liegt allerdings in einer früheren Personalumstrukturierung. Im Jahr 2007 gab es Entlassungen in der Geschäftsleitung. Das Team wurde damals komplett neu organisiert. Daher bedarf es in Frankreich kaum der Personalrestrukturierung. Die französische Niederlassung verfolgt die Strategie der Konsolidierung und verzichtet auf Entlassungen. Boscher erklärte, dass es in Frankreich auch schwierig sei, gute Fachkräfte zu finden. “Das Problem ist die Bekanntheit von IDS Scheer in Frankreich”, sagte Boscher. Im Gegensatz dazu kennt in Deutschland jeder das Unternehmen.
Die Wirtschaftskrise geht auch an IDS Scheer Frankreich nicht spurlos vorbei. Die Auswirkungen spürt IDS Scheer Frankreich sehr stark. Trotzdem war 2008 ein gutes Jahr. “Wir haben Glück gehabt, weil ARIS ein großer Player ist und in schwierigen Zeiten hilft die Krise abzufedern. Das Hauptziel für 2009 ist es, die Krise gut zu überstehen und Marktanteile zu gewinnen”, sagte Boscher. “Trotz der Krise machen wir uns keine Sorgen und sind zuversichtlich.”