Kinderpornografie-Gesetz enthält gravierende Mängel
Experten haben bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages am Mittwoch in Berlin erhebliches Bedenken zu dem Kinderpornografie-Gesetz geäußert. Vor allem die Rolle des Bundeskriminalamts (BKA) ist ein heftiger Kritikpunkt.
In dem eingebrachten Gesetzesentwurf der Union und der SPD soll das BKA beauftragt werden, Listen von verdächtigen Webseiten zu erstellen. Der Zugang zu diesen Internetseiten sollte daraufhin erschwert werden. Von Sperren oder Blockaden könne laut Expertenmeinung aber nicht gesprochen werden, da diese relativ einfach zu durchbrechen oder umgehen seien, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Dass eine Polizeibehörde und nicht ein Richter solche Abwehrmaßnahmen durchführen lasse, sei außerdem “verfassungsrechtlich sehr kritisch”, sagte Strafrechts-Experte Ulrich Sieber.
Der Gesetzesentwurf lasse außerdem eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet vermissen. Neben den Schwächen bei der technischen Umsetzung des Kampfes gegen Kinderpornografie im Internet wurden auch Stimmen laut, dass der Bund für eine derartige Maßnahme überhaupt nicht zuständig sei. “Von meinem Ziel, die freie Verfügbarkeit der Bilder vergewaltigter Kinder im Netz zu stoppen, lasse ich mich jedoch keinen Deut abbringen”, sagte die Ursula von der Leyen (CDU) in einem Interview mit Spiegel Online. Sie sei allerdings bereit den Gesetzesvorschlag nachzubessern.
Auch der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco wirft dem Gesetz gravierende Mängel vor. “In ihrer überwiegenden Mehrheit waren die zur heutigen Anhörung geladenen Sachverständigen so wie wir der Ansicht, dass das von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Gesetz gravierende Mängel hat und so nicht beschlussreif ist. Die heute ausgemachten Schwachstellen sind zahlreich und komplex, bis hin zu begründeten Zweifeln ob der Entwurf überhaupt verfassungsgemäß ist. Von allen Experten werden wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderpornografie gefordert, aber gerade das vorgelegte Gesetz löst nach derzeitigem Stand diesen Anspruch nicht ein. Es ist dem gemeinsamen Anliegen nicht förderlich, wenn der Gesetzgeber überhastet ein fehlerhaftes Gesetz verabschiedet. Die netzseitige Zugangserschwerung wirft eine Vielzahl schwieriger Fragen auf, die unbedingt klar geregelt werden müssen. Der Gesetzgeber sollte deshalb vom Gesetz in der jetzigen Form Abstand nehmen. Wenn überhaupt, kommt an Stelle der vorgesehenen Änderung des Telemediengesetzes nur die Schaffung eines Spezialgesetzes in Frage, weil nur dieses die komplexen Fragestellungen umfassend und klar genug regeln kann”, sagte Oliver Süme, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von eco.