Es handelt sich um eine Echtzeit-fähige Variante der ‘Talent Integration Suite‘. Dies ist das kommerzielle Produkt, das die quelloffene Basislösung für Datenintegration, ‘Open Studio’, erweitert. Erst vor drei Wochen hat der Anbieter mit ‘MPx’ eine Variante der Integration Suite für massiv-parallele Datenverarbeitung auf den Markt gebracht. Wie MPx ist auch die Echtzeit-Version RTx kein Add-on zur Integration Suite, sondern ein zu ihr kompatibles eigenständiges Produkt. Es umfasst demzufolge alle ihre Techniken, Konnektoren und ihre deutschsprachige Benutzeroberfläche.
In RTx sind einige besondere Komponenten eingebaut: Ein ‘SOA-Manager’ nimmt Services in die Integrationsdienste auf, automatisiert die Erstellung von WDSl-Deskriptoren, UDDI-Entries und SOAP-Bindings, nimmt die Umschreibung (Instantation) vor und verwaltet die notwendigen Ressourcen. Ein ‘Event Listener’ sorgt für die ereignisgesteuerte Ausführung von Datenintegrationsprozessen, so dass nicht nur Batch-Verarbeitung möglich ist. Drittens identifiziert die Technik ‘Change Data Capture’ veränderte Daten und sorgt dafür, dass nur sie weiter verarbeitet werden.
Diese technischen Grundlagen positionieren RTx im Wettbewerb ganz anders als MPx. Diesmal kommen die wichtigsten Konkurrenzprodukte nicht von Informatica oder Ab Initio, bei denen der Schwerpunkt mehr auf Batch-Verarbeitung liegt. Vielmehr fordert Talend mit RTx vor allem WebMethods und Tibco heraus. Und wie diese zielt Talend auf ähnliche Kundenkreise, erläutert Marketing-Chef Yves de Montcheuil: “Wir gehen top-down an den Markt heran. RTx dürfte zunächst vor allem im Highend der Finanzinstitutionen, den Handel, Telcos und Energieversorger interessant sein.”
Dieser Hintergrund erklärt zugleich, warum Talend momentan ziemlich viel Geld in die Hand nimmt, um seine Herangehensweise an den Markt umzustellen. An diesen ist Talend bisher reaktiv herangegangen. Firmen haben das Open-Source-Produkt Open Studio heruntergeladen, und der Hersteller hat versucht, ihnen danach das Upgrade und die Subskription für die Integration Suite zu verkaufen. Künftig will das Unternehmen aktiv an den Markt herangehen. Eine der wichtigsten Zielregionen ist dabei der deutschsprachige Raum.
Dafür hat die Niederlassung in Nürnberg einen markterfahrenen Geschäftsführer für den Bereich DACH bekommen. Christopher Hackett war zuletzt Mitteleuropa-Chef beim größten Konkurrenten Informatica. Seine Ziele sind nicht eben bescheiden. Die Zahl der Talend-Mitarbeiter in Nürnberg soll sich noch in diesem Jahr auf ungefähr 20 Personen verdoppeln. Die wenigsten werden im Vertrieb zu tun bekommen, so Hackett: “Wir werden den Markt vor allem über Partner adressieren. Sie sollten vertikal aufgestellt sein und ihre Kunden in den Branchen ansprechen, auf die sie spezialisiert sind.”
Momentan hat Talend im deutschsprachigen Raum rund 30 Partner. Noch in diesem Jahr möchte Hackett diese Zahl verdoppeln, möglichst sogar verdreifachen. Dazu entsteht ein Education Center, das ein Zertifizierungsprogramm für Talend-Datenintegration anbieten wird. Mit dieser Ausrichtung gerät Talend zu einem Exempel für die zunehmende Bedeutung von Open Source am Softwaremarkt: Immer mehr Anbieter quelloffener Produkte schaffen es nicht mehr, in Eigenregie ihre Zielgruppen zu adressieren. Ein immer größerer Teil des Geschäfts läuft über lokale Partner, stärkt also die lokale Software-Industrie.
Ludger Schmitz ist freiberuflicher Journalist in München.
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