Aber es stimmt schon: Es sind ungewohnte Berichte, die dieser Tage über den Iran gebracht werden. Einige versuchen, ihre Quellen zu erklären, weshalb sie sich ausnehmen wie Crash-Kurse in Sachen neue Medien.

Der um seinen Wahlsieg geprellte Präsidentschaftskandidat Mir Hussein Mussawi wird von seiner Facebook-Site zitiert. Die Tagesschau versendet Filmmaterial von Youtube. Und Twitter lässt Wartungsarbeiten am Mittwoch kurz nach Mitternacht durchführen – iranischer Zeit! In den USA ist da gerade Nachmittag und richtig viel los im Web.

Aber der Iran ist diesmal wichtiger. Das ist bemerkenswert für eine US-amerikanische Firma, hält man bei denen doch ansonsten eher die Zeitzonen zwischen AT (Atlantic) und HAST (Hawaii-Aleutian Standard Time) für relevant.

Und auch die herkömmlichen Fotos aus Teheran sind ungewöhnlich. Seit Eugène Delacroix gehört ja zu jedem Aufstand das Bild einer allegorischen Frauengestalt. Seinerzeit war es die Marianne mit der Tricolore auf den Barrikaden von 1830.

Die jüngsten Ereignisse wiederum charakterisiert am treffendsten das Bild einer jungen Demonstrantin vor dem Azadi-Turm in Teheran, das der Spiegel diese Woche abgedruckt hat. Sie sitzt auf den Schultern ihres Mannes und dokumentiert den Protest mit ihrem Fotohandy, wohl um die Aufnahmen ins Netz zu stellen.

Der Aufstand gegen das – neben dem Vatikan und Saudi-Arabien – anachronistischste System der Welt wird mit den Mitteln der modernen Informations- und Kommunikationstechnik ausgetragen. Wenn das keine innovative Anwendung ist, was dann? Gut, dass solche Gadgets, die Infrastruktur und die Services angeboten werden.

Aber kein Grund, den Anbietern dafür dankbar zu sein. Könnte man ihre Rolle doch überschreiben, wie die 63. Sure des Koran überschrieben ist: al Munáfeqün – die Heuchler.

“Regierungen haben einen klaren Auftrag: Schutz unschuldiger Bürger, Förderung des Wohls der Bevölkerung, Sicherung von Frieden und Wohlstand zum Wohl der Gesellschaft und Sicherung der Rechtsordnung”. So hat Nokia Siemens Networks noch vor kurzem für seine “Lösungen für Sicherheitsbehörden” geworben.

Die Seite hat der Konzern inzwischen vom Netz genommen. Aber wer nur ein klein bisschen mit Informations- und Kommunikationstechnik umgehen kann, findet trotzdem eine Kopie.

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Silicon-Redaktion

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