In einer Untersuchung des Datenschutzverhaltens von 100 Dienstanbietern im Internet ist die Forschergruppe um die Professoren Klemens Böhm und Jürgen Kühling auf große Mängel gestoßen. Anhand verschiedener juristischer Bewertungskriterien haben die Wissenschaftler Online-Shops, Auktionsplattformen, Informationsportale und Suchmaschinen unter die Lupe genommen. Die Resultate der Studie deuten auf ein klares Vollzugsdefizit beim Datenschutz hin.

“Gerade einmal fünf Anbieter von 100 verhalten sich vollständig gesetzeskonform”, so Kühling. Besondere Relevanz haben die Ergebnisse der Studie bei der Diskussion um neue Gesetze. Kühling weiter: “Die Ergebnisse werfen die Frage auf, welchen Sinn neue Gesetze machen, wenn grundlegende rechtliche Anforderungen zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung praktisch nicht erfüllt werden”.

Ausgewählt haben die Wissenschaftler die Anbieter anhand der Anzahl registrierter Nutzer, der Unternehmensgröße und der vom Anbieter adressierten Altersgruppe. Die Bewertung erfolgte auf der Basis des Telemediengesetzes von 2007 und des Bundesdatenschutzgesetzes. Im Mittelpunkt der Studie stand die Frage, inwieweit es für den Kunden transparent ist, was mit seinen persönlichen Daten geschieht. “Ein Kunde sollte wissen dürfen, wer welche Daten wann zu welchem Zweck nutzt”, so Professor Böhm.

Wie die Studie deutlich zeigt, ist die Realität weit von diesem Ideal entfernt. Zwar ist die obligatorische Datenschutzerklärung bei fast allen untersuchten Anbietern leicht zugänglich, doch ist ihr Inhalt oft unvollständig oder gar falsch. 31 Anbieter geben nur grob an, welche Daten erhoben werden, sechs schweigen sich diesbezüglich vollständig aus. Ein Drittel der Anbieter gibt laut der Studie keine Auskunft, wie lange die Daten gespeichert werden, 15 geben den Zweck der Datenerhebung gar nicht erst an. Arbeitet die Technik im Verborgenen, zum Beispiel bei Cookies, Einträgen im Dateiverzeichnis von Computern, so ist es gesetzliche Vorschrift, über Art, Umfang und Zweck der erhobenen Daten zu informieren. Ein Viertel der Anbieter macht keine Angaben zu genutzten Cookies, von den verbleibenden Anbietern informieren nahezu alle unzureichend, einige auch falsch.

Page: 1 2

Silicon-Redaktion

View Comments

  • konkurrierende Vorschriften
    zumindest wer - als Shopbetreiber - einen neuen Kunden gewinnt (und sei es auch nur für eine einmalige Bestellung), muss diese Tatsache für das Finanzamt 6 Jahre lang speichern. Falls der Shop Waren versendet, gehört dazu eine echte Adresse. Diese kann folglich 6 Jahre lang nicht wirklich gelöscht werden, sondern bestenfalls versteckt
    Ob die Wissenschaftler das auch bedacht haben?

Recent Posts

Studie: Rund ein Drittel der APIs sind ungeschützt

Angriffe auf APIs und Webanwendungen sind zwischen Januar 2023 und Juni 2024 von knapp 14…

2 Tagen ago

Universitätsmedizin Essen setzt für E-Mail-Sicherheit auf NoSpamProxy

Mit täglich über 45.000 eingehenden E-Mails ist die IT-Abteilung des Klinikums durch Anhänge und raffinierte…

2 Tagen ago

Bau-Spezialist Schöck: Migration von SAP ECC ERP auf S/4HANA

Bau- und Fertigungsspezialist investiert in die S/4HANA-Migration und geht mit RISE WITH SAP in die…

4 Tagen ago

Pure Storage: Cloud, KI und Energieeffizienz

Trends 2025: Rasante Entwicklungen bei Automatisierung, KI und in vielen anderen Bereichen lassen Unternehmen nicht…

5 Tagen ago

GenKI verbessert Datenmanagement und Angebotsgenauigkeit

DHL Supply Chain nutzt generative KI-Anwendungen für Datenbereinigung und präzisere Beantwortung von Angebotsanforderungen (RFQ).

6 Tagen ago

Rolls-Royce Power Systems nutzt industrielle KI aus der IFS Cloud​

Marke mtu will globale Serviceabläufe optimieren und strategische Ziele hinsichtlich Effizienz, Nachhaltigkeit und Wachstum unterstützen.

6 Tagen ago